VEB Synthesewerk Schwarzheide

Katrin Verch (bearbeitet und ergänzt von Vinzenz Czech)

Das ehemaligen Werk der Braunkohle-Benzin AG (BRABAG) wurde 1935 als Hydrierwerk Schwarzheide zur Herstellung von synthetischem Benzin aus Braunkohle im Fischer-Tropsch-Verfahren errichtet. In Folge mehrerer Bombenangriffe 1944 und 1945 war das Werk zu ca. 70 % zerstört und stillgelegt worden. Nach Kriegsende besetzte die Rote Armee das Werk. Mit dem Befehl Nr. 167 der SMA Brandenburg vom 20. Juli 1946 ging das Werk als Reparationsleistung in das Eigentum der Sowjetischen Aktiengesellschaft (SAG) für Brennstoffindustrie über.

Die schweren Schäden an der Hauptwerkstatt wurden bis zum Juni 1945 beseitigt, das Kraftwerk konnte ebenfalls wieder in Betrieb genommen werden, ab August auch die Kopperanlage II. Diese musste jedoch am 13.3.1946 wieder stillgelegt werden, da sie von Polen demontiert wurde. Die Kopperanlagen V und VI nahmen im Oktober 1945, die Kopperanlagen VII und IV im Februar 1946 bzw. April 1947 ihren Betrieb wieder auf. In der Nachverarbeitung konnten die ersten Tonnen Treibstoff hergestellt werden. Die Belegschaft wuchs bis zum Ende des Jahres 1945 auf 2.352 Mitglieder an. Das Produktionsprogramm wurde in den folgenden Jahren aus Gründen der Rentabilität durch Produkte wie Spezialbenzine, Seifen- und Plastgrundstoffe oder Schuhpflegemittel erweitert.

Zum 31. Dezember 1953 wurde es als einer der letzten SAG-Betriebe in das Eigentum der DDR übergeben. Es entstand der „VEB Synthesewerk Schwarzheide“. (Abb. 1-3). Die Produktion blieb im Wesentlichen die gleiche wie vor 1945, allerdings stellte das niederoktanige Benzin nicht mehr das Hauptprodukt dar. Stattdessen waren es Kogasin, Gatsch und Paraffine, aus denen Weichmacher, Waschmittel, Schuhcreme und andere Dinge mit hohem Gebrauchswert hergestellt werden konnten. Ab 1956 wurde auch Erdöl verarbeitet (Abb. 4).

Die veralteten Anlagen der Fischer-Tropsch-Produktion und deren relativ geringe Ausbeute waren der entstandenen petrolchemischen Industrie der DDR (u.a. nahm 1964 der VEB Erdölverarbeitungswerk Schwedt seine Produktion auf) nicht mehr gewachsen. Deshalb entschloss man sich in den 1960er Jahren, die Produktion in Schwarzheide neu zu profilieren. In den Jahren von 1965 bis 1967 wurde eine Herbizidfabrik aufgebaut (Abb. 5), die ab 1967 Pflanzenschutzmittel herstellte. Zwischen 1968 und 1973 errichtete man einen Komplex zur Herstellung von Polyurethan und der dritte neue Produktionsabschnitt war die Herstellung von Chlorparaffinen. Als eine der ersten Anlagen begann die Polyesteralkoholproduktion. 1972 wurde die Fischer-Tropsch-Produktion stillgelegt. Die Herstellung ehemaliger Erzeugnisse wurde in andere Betriebe verlagert (Abb. 6-8). Nach Einstellung der Benzinproduktion avancierte der Betrieb ab 1972 zum größten Polyurethanhersteller Osteuropas.

Das Synthesewerk unterstand in den 1950er Jahren direkt dem Ministerium für Schwerindustrie, Hauptverwaltung flüssige Brennstoffe bzw. dem Ministerium für Kohle und Energie, Hauptverwaltung Kohlenwertstoffe und ab 1958 der VVB Mineralöle und organische Grundstoffe Halle. Mit dem Umbau des Produktionsprofils wechselte auch die Unterstellung zur VVB Agrochemie und Zwischenprodukte Halle. Ab dem 1. Januar 1979 gehörte das Synthesewerk als Stammbetrieb zum neu gebildeten Kombinat Synthesewerk Schwarzheide (Abb. 9).

1990 kam es im Zuge der Privatisierung zur Auflösung des Kombinates. Das Synthesewerk wurde Aktiengesellschaft. Im Oktober 1990 übernahm die BASF AG Ludwigshafen den Betrieb als Tochtergesellschaft, nun BASF Schwarzheide GmbH.

Quellen

Brandenburgisches Landeshauptarchiv, Rep. 903 VEB Synthesewerk Schwarzheide, Stammbetrieb des Kombinates Synthesewerk Schwarzheide [Siehe: Hier]

Literatur

Jeschke, Hans-Joachim: Aus der Geschichte des Chemiewerkes Schwarzheide. Band 1-5. Schwarzheide 2003-10.

Verch, Katrin: VEB Synthesewerk Schwarzheide, Stammbetrieb des Kombinates Synthesewerk Schwarzheide. In: Posselt, Rosemarie u.a. (Hrsg.): Staatliche Verwaltung, Wirtschaft, Parteien und Organisationen in den Bezirken Cottbus, Frankfurt (Oder) und Potsdam 1952-1990 (= Übersicht über die Bestände des Brandenburgischen Landeshauptarchivs; Teil III/2). Berlin 2005, S. 358f.

Schwulst, Aletta. Die wirtschaftsräumliche Entwicklung der Stadt Schwarzheide von 1930 bis heute (Fallbeispiel BASF). 1995.

Abbildungsnachweis

Abb. 1 SLUB / Deutsche Fotothek / Walter Möbius

Abb. 2 SLUB / Deutsche Fotothek / Höhne, Erich & Pohl, Erich

Abb. 3 File:Bundesarchiv Bild 183-38070-0001, VEB Synthesewerk Schwarzheide, Produktionsaufgebot.jpg (Bundesarchiv, Bild 183-38070-0001, Foto: Großmann, Werner - CC-BY-SA 3.0)

Abb. 4 File:Bundesarchiv Bild 183-B0924-0006-001, VEB Synthesewerk Schwarzheide, Erdölverarbeitung.jpg (Bundesarchiv, Bild 183-B0924-0006-001, Foto: Großmann, Werner - CC-BY-SA 3.0)

Abb. 5 File:Bundesarchiv Bild 183-E1217-0013-001, VEB Synthesewerk Schwarzheide, Herbizitfabrik.jpg (Bundesarchiv, Bild 183-E1217-0013-001, Foto: Schutt, Erich - CC-BY-SA 3.0)

Abb. 6 Bundesarchiv, Bild 183-P6213-0318

Abb. 7 Bundesarchiv, Bild 183-1986-1208-010

Abb. 8 Bundesarchiv, Bild 183-P0122-404

Abb. 9 Gemeinfrei

Abb. 10 BLHA, Rep 903

Empfohlene Zitierweise

Verch, Katrin: VEB Synthesewerk Schwarzheide; publiziert am 17.05.2022; in: Industriegeschichte Brandenburgs, URL: http://www.brandenburgikon.de (TT.MM.JJJJ)


Wir nutzen Cookies auf unserer Website. Einige von ihnen sind essenziell für den Betrieb der Seite, während andere uns helfen, diese Website und die Nutzererfahrung zu verbessern (Tracking Cookies). Sie können selbst entscheiden, ob Sie die Cookies zulassen möchten. Bitte beachten Sie, dass bei einer Ablehnung womöglich nicht mehr alle Funktionalitäten der Seite zur Verfügung stehen.