Waltersdorfer Gruppe (um 3600/3500–3300/3200 v. Chr.)

Günter Wetzel

Gruppen / Kulturen der Jungsteinzeit im Gebiet des heutigen Brandenburg

Frühneolithikum (um 5200–4000/3800 v. Chr.)

-> Friesack-Boberger Gruppe / Kultur

-> Linienbandkeramik

-> Stichbandkeramik / Stichreihenkeramik

-> Rössener Kultur

-> Brześć Kujawski Gruppe / Guhrauer Gruppe

-> Michelsberger Kultur

-> Frühe Trichterbecherkultur

-> Baalberger Kultur

Mittelneolithikum (um 3800/3500–2800 v. Chr.)

-> Nordische Trichterbecherkultur

-> Übergangshorizont

-> Salzmünder Kultur

-> Uckermärkische Gruppe

-> Walternienburger Kultur

-> Altmärkische Tiefstichkeramik

-> Britzer Kultur

-> Waltersdorfer Gruppe

-> Havelländische Kultur

-> Fischbecker Gruppe der -> Schönfelder Kultur

-> Bernburger Kultur

-> Kugelamphorenkultur

Spätneolithikum (um 2800–2200/2000 v. Chr.)

-> Schnurkeramik

-> Einzelgrabkultur

-> Oderschnurkeramik

-> Schönfelder Kultur

-> Ammenslebener Gruppe der -> Schönfelder Kultur

-> Glockenbecherkultur

-> Dolchzeit / Aunjetitzer Kultur

 

Von Eberhard Kirsch (1994, 95ff.) wurde eine jüngere Gruppe verzierter Trichterbecherkeramik mit dem Namen einer fundreichen Siedlung südlich Berlin benannt. Im weitesten Sinne ist es eine in östlicher Tradition stehende Gruppe, die Verbindungen zu den polnischen Gruppen namens Wiórek und Lubon besitzt. Neben Amphoren, Schüsseln mit Trichterrand, mit S-förmigem oder geknicktem Profil sind Krüge nachgewiesen (Sprockhoff 1926). Viele der meist nur in Scherben vorliegenden Gefäße sind außen mit Furchenstich, Stempel oder Flechtschnureindrücken verziert (Abb. 1). Schalen sind häufig innen am Rand verziert. Plastische Auflagen wie Leisten oder Knubben ergänzen den Keramikzierrat. Bemerkenswert sind zwei große Vorratsgefäße von Kohlsdorf und Trebatsch bei Beeskow im Landkreis Oder-Spree, die frei im Boden stehend gefunden wurden (Abb. 2). Sie verdeutlichen die Vorratswirtschaft; vielleicht sind es auch kultisch versenkte Topftrommeln? Knick- oder Spitzhenkel sind typisch für diese Gruppe. Als Sonderform sind, neben Spinnwirteln und einem Löffel, sogenannte tönerne „Garnspulen“ anzuführen. Die Funktion Letzterer ist unbekannt, Parallelen finden sich vorwiegend östlich von Brandenburg. Neben Steinbeilen sind querschneidige Pfeilspitzen vorhanden.

Von Schulzendorf auf dem Teltow (Landkreis Dahme-Spreewald) ist ein Hausgrundriss ergraben worden, bestehend aus zahlreichen Pfostengruben in rechteckiger Anordnung in den ungefähren Maßen von 7–8 x 5–6m (Kirsch 1994, Abb. 52). Ein Hausgrundriss von Alt-Töplitz (Landkreis Potsdam-Mittelmark) ist in seiner kulturellen Zuordnung unsicher (Hoffmann 1940). Weitere Hausgrundrisse oder Teile von solchen publizierte Beran (2017; Potsdam-Nedlitz; Zeuthen / Lkr. Dahme-Spreewald).

In die Zeit der Waltersdorfer Gruppe gehört vermutlich auch ein Grabenwerk unter dem Standort des Potsdamer Stadtschlosses, also eine Erdbefestigung, deren technischen Aufbau man noch nicht näher definieren kann. Ein weiterer Graben in der Holzmarktstraße in Potsdam ist nicht sicher identifizierbar (Beran 2009; ders. 2017). Ob weitere Luftbildbefunde im Gelände an verschiedenen Orten in diese Zeit zu setzen sind, müssen spätere Untersuchungen klären (Berge und Dyrotz / beide Landkreis Havelland: Wetzel 2000a; 2000b; s. auch unter -> Übergangshorizont) (Abb. 3–5).

Als Bestattungsart kann das Körperflachgrab vermutet werden. Beran (2017) deutet sehr beigabenarme Bestattungen unter dem Potsdamer Schloss als möglichen Körpergrabfriedhof dieser Gruppe. Eventuell sind auch wannenartige Kammern als Bestattungsort angelegt worden. Daneben sind Brandgräber, allerdings in sehr fragmentarischem Zusammenhang, zu konstatieren (Heinersbrück 35 / Landkreis Spree-Neiße: Beran 2017).

Literatur

Beran, Jonas: Landschaft der Trichterbecherkultur in Brandenburg. Ausgrabungen 1998 bis 2007. In: Beier, Hans-Jürgen / Claßen, Erich / Doppler, Thomas / Ramminger, Britta (Hrsg.): Varia Neolithica VI. Neolithische Monumente und neolithische Gesellschaften. Langenweißbach 2009, S. 123–131.

Beran, Jonas: Das 4. Jahrtausend im norddeutschen Havelland und in der ostmitteleuropäischen Lausitz. Neues zu Siedlungsstrukturen und Kulturentwicklung im Land Brandenburg aufgrund von Rettungsgrabungen seit 1998. In: Pyzel, Joanna (Hrsg.): Das 4. Jahrtausend (= Fokus Jungsteinzeit. Berichte der AG Neolithikum, 6). Kerpen-Loogh 2017, S. 93–106.

Beran, Jonas: Salzmündes nordöstliche Schwester. Grabungen der letzten Jahre in Siedlungen, Erdwerken und Bestattungsplätzen der Waltersdorfer Gruppe im Land Brandenburg. In: Meller, Harald / Friederich, Susanne (Hrsg.): Salzmünde – Regel oder Ausnahme?  Internationale Tagung vom 18. bis 20. Oktober 2012 in Halle (Saale) (= Tagungen des Landesmuseums für Vorgeschichte Halle, 16). Halle/Saale 2017, S. 133–147.

Beran, Jonas / Heller, Markus: Uckermärker im Havelland? Eine Grabgruppe der Trichterbecherkultur von Potsdam-Nedlitz. In: Archäologie in Berlin und Brandenburg 2016. Darmstadt 2018, S. 36–38.

Hoffmann, Richard: Eine Halle der ausgehenden Jungsteinzeit bei Alt-Töplitz, Kr. Zauch-Belzig. In: Mannus 32 (1940), S. 488–500.

Iffert, Manfred / Kirsch, Rainer: Ergebnisse der Luftbildinterpretation des Burgwalles von Berge, Kr. Nauen. In: Veröffentlichungen des Brandenburgischen Landesmuseums für Ur- und Frühgeschichte Potsdam 27 (1993), S. 121–127.

Kirsch, Eberhard: Funde des Mittelneolithikums im Land Brandenburg (= Forschungen zur Archäologie im Land Brandenburg, 1). Potsdam 1993.

Kirsch, Eberhard: Beiträge zur älteren Trichterbecherkultur in Brandenburg (= Forschungen zur Archäologie im Land Brandenburg, 2). Potsdam 1994.

Kirsch, Eberhard / Wetzel, Günter: Die Jungsteinzeit. In: Babiel, Kerstin / Aufleger, Michaela (Red.): Frankfurt an der Oder und das Land Lebus (= Führer zu archäologischen Denkmälern in Deutschland, 45). Stuttgart 2005. S. 37–47.

Müller, Johannes: Soziochronologische Studien zum Jung- und Spätneolithikum im Mittelelbe-Saale-Gebiet (4100–2700 v. Chr.) (= Vorgeschichtliche Forschungen, 21). Rahden/Westfalen 2001.

Sprockhoff, Ernst: Die Kulturen der Jüngeren Steinzeit in der Mark Brandenburg (= Vorgeschichtliche Forschungen, 4). Berlin 1926.

Wetzel, Günter: Burgwall und Grabenanlage von Berge. In: Potsdam, Brandenburg und das Havelland (= Führer zu archäologischen Denkmälern in Deutschland, 37). Stuttgart 2000a, S. 156–158.

Wetzel, Günter: Neolithische und slawische Grabenanlage von Dyrotz. In: Potsdam, Brandenburg und das Havelland (= Führer zu archäologischen Denkmälern in Deutschland, 37). Stuttgart 2000b, S. 158–159.

Abbildungsnachweis

Abb. 1 Nach  Kirsch 1994.

Abb. 2 Mus. Beeskow; Nach Kirsch/Wetzel, Abb. S. 41, 17.

Abb. 3 Foto: BLDAM, O. Braasch.

Abb. 4 Nach Iffert/Kirsch 1990, Abb. 57.

Abb. 5 Foto: BLDAM, O. Braasch.

Empfohlene Zitierweise

Wetzel, Günter: Waltersdorfer Gruppe (um 3600/3500–3300/3200 v. Chr.), publiziert am 02.05.2019; in: Historisches Lexikon Brandenburgs, URL: http://www.brandenburgikon.de (TT.MM.JJJJ)

Kategorien

Epochen: Frühzeit
Themen: Archäologie und Siedlung 


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