Slawenaufstand Dia xl

„Heiden griffen zu den Waffen“

Der Slawenaufstand des Jahres 983

Ein Ausstellungsprojekt des Friedrich-Ludwig-Jahn Gymnasiums Rathenow und der Bischofsresidenz Burg Ziesar

Laufzeit: 15. Juni bis 31. Oktober 2013

Udo Geiseler / Clemens Bergstedt

Allgemeine Angaben

Schule
Friedrich-Ludwig-Jahn Gymnasium
Jahnstraße 33
14712 Rathenow
Tel: 03385 / 51 20 79
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Kooperationspartner
Bischofsresidenz Burg Ziesar
Dr. Clemens Bergstedt
Mühlentor 15a
14793 Ziesar
Tel: 033830 / 12 7 36
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Beteiligte Schüler
20 Schüler des berufsorientierten Seminarkurses Jgst. 11/12
12 Schüler des Schwerpunktunterrichtes Geschichte Jgst. 9

Beteiligte Lehrkräfte
Udo Geiseler
Fachlehrer Geschichte/Deutsch u. Seminarkursleiter
Tel: 0171 / 934 06 12
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Zeitvolumen des Projekts
Jahrgangsstufe 11/12: 2 Wochenstunden über 10 Monate, zusätzlich drei Projekttage mit jeweils ca. 8 Stunden
Jahrgangsstufe 9: 2 Wochenstunden über 8 Monate

Vorstellung und Kurzbeschreibung

Die Ausstellung „Heiden griffen zu den Waffen – Der Slawenaufstand des Jahres 983“ war vom 15. Juni bis zum 31. Oktober 2013 im Museum der Bischofsresidenz Burg Ziesar zu sehen. Sie war ein Gemeinschaftsprojekt der Bischofsresidenz Burg Ziesar und des berufsorientierten Seminarkurses mit dem Schwerpunktfach Geschichte der Jahrgangsstufe 11/12 am Friedrich-Ludwig-Jahn-Gymnasium Rathenow. In 18-monatiger Arbeit haben die Schüler dieses Kurses unter fachlicher Begleitung und Anleitung des Kursleiters und des Museumsleiters die Ausstellung erarbeitet und präsentiert.

Eine Teilaufgabe innerhalb des Projektes übernahmen Schüler des Schwerpunktunterrichts der Jahrgangsstufe 9, die ein Modell des slawischen Kultortes Rethra als Bestandteil der Ausstellung konzipierten und bauten.

Die Ausstellung beschränkte sich nicht auf die Nacherzählung von Ursachen und Folgen des Slawenaufstandes des Jahres 983. Vielmehr ging es um das wechselvolle und spannungsreiche Verhältnis zwischen den Slawen und ihren sächsischen Nachbarn, das aus verschiedenen Perspektiven beschrieben wurde. Dadurch wurde eine einseitige Interpretationsstruktur vermieden. Neben dem bereits erwähnten – von Schülern selbst hergestellten – Modell des legendären slawischen Kultzentrums Rethra wurden militärische Ausrüstungsgegenstände, slawischer Schmuck und ein Modell der slawischen Burg Brandenburg gezeigt. Höhepunkt der Ausstellungseröffnung war eine von den Schülern durchgeführte Modenschau mit Kleidung des 10. Jahrhunderts.

Die Aufgabe der Schüler innerhalb des Projekts bestand in der Entwicklung einer Ausstellung von der ersten thematischen Idee bis zur Umsetzung. Zielstellung war es, die Schüler mit den vielfältigen Aufgabenbereichen innerhalb eines solchen Vorhabens bekannt zu machen. Dazu gehörten die fachliche Annäherung an die gesellschaftlichen Verhältnisse im ostfränkisch-deutschen Königreich im 10. Jahrhundert, die intensive Auseinandersetzung mit den Quellen und der Fachliteratur zum Slawenaufstand, das Kennenlernen der spezifischen Mittel des Mediums „Ausstellung“, das Übertragen fachlicher Ideen in eine Ausstellungskonzeption, Erarbeiten von Texten, Recherchen von potentiellen Objekten, Diskussion von Ergebnissen, Herstellen von Publikationen (Plakat und Flyer), Öffentlichkeits- und Pressearbeit sowie die Vorbereitung und Durchführung der Eröffnungsveranstaltung einschließlich der Präsentation der Ergebnisse vor Publikum.

Die Projektgruppe der Jahrgangsstufe 9 hatte sich für die Modellentwicklung und -gestaltung zunächst mit der fachwissenschaftlichen Diskussion über die Lokalisierung des Kultortes auseinandergesetzt. Von einer der vielen Lokalisierungsmöglichkeiten ausgehend, rechneten die Schüler die topografischen Grundgegebenheiten maßstabsgerecht auf das Modell um, setzten sich kritisch mit der historischen Beschreibung des Ortes auseinander und gestalteten im Vergleich mit archäologisch rekonstruierten slawischen Kultorten das Aussehen und die Gestalt der Tempelanlagen und Befestigungssysteme.

Projektauslöser / Idee

Seit dem Schuljahr 2013/2014 gibt es im Land Brandenburg für die gymnasiale Oberstufe so genannte Seminarkurse, in denen fächerverbindend wissenschaftspropädeutisch oder berufsfördernd gearbeitet wird. Die schulischen Kursleiter sind angehalten, für die Zusammenarbeit externe Partner zu gewinnen, um einen Praxisbezug der Kursarbeit zu gewährleisten.

Vor diesem Hintergrund ergab sich die Idee, die seitens des Museums ohnehin geplante Ausstellung zum Inhalt eines solchen Kurses zu machen. Grundsätzlich schien eine solche Idee machbar, weil das Ausstellungsthema ein inhaltlich begrenztes war, so dass es in dem zur Verfügung stehenden Zeitrahmen des Kurses möglich erschien, die Ausstellung zu realisieren. Bevor an die Eröffnung eines solchen Kurses gedacht werden konnte, war es zunächst notwendig, einen konkreten Arbeits- und Unterrichtsplan zu erstellen, um zu prüfen, ob ein solches Vorhaben in einem Kurs geleistet werden kann. Wichtig war dabei auch, entsprechend den Vorgaben des Rahmenplans den Charakter des Kurses berufsorientierend zu gestalten. So wurde von vornherein in den Planungen berücksichtigt, dass die Tätigkeiten eines Wissenschaftlers, eines Museologen, eines Designers und Grafikers und eines Öffentlichkeitsarbeiters vorgestellt und von den Schülern in Teilen übernommen werden.

Nachdem dieser Plan vorlag, entschieden sich beide Seiten, der Schulleitung und den Schülern das Angebot für diesen Kurs zu unterbreiten.

Projektentwicklung

Für die Umsetzung des Projekts war von Beginn an ein mehrstufiges Modell geplant, dessen einzelne Komponenten aufeinander aufbauten. Mit zunehmender Projektdauer wurden die jeweiligen Themenbereiche in sich differenzierter und komplexer, ihre Verknüpfungen untereinander nahmen zu.

Die erste Phase beinhaltete die Erarbeitung der fachlichen Grundlagen, und sie umfasste zeitlich den größten Umfang (August bis Dezember 2012). Dazu gehörten Vorlesungen und ihre Nachbearbeitung, das Studium von Quellen und Fachliteratur und deren Auswertung, die Erarbeitung eines soliden Faktengerüsts. Ein weiterer Schwerpunkt innerhalb dieser Phase bildete der Besuch der Ausstellung „Otto der Große und das Römische Reich. Kaisertum von der Antike zum Mittelalter“ in Magdeburg (3. Dez. 2012). Zur Vorbereitung auf den Besuch wurden Rezensionen über besagte Ausstellung gelesen und Arbeitsgruppen gebildet, die sich unter bestimmten Schwerpunkten die Ausstellung gezielt anschauen sollten: 1) Inszenierungs- und Präsentationsformen, 2) Kategorien von Ausstellungsobjekten, Verhältnis von Originalen und Nachbildungen, 3) Kategorien von Ausstellungstexten, Gestaltung und Diktion der Texte, 4) Besucherführung und -verhalten. Alle Schüler sollten darüber hinaus über die Wirkung der Ausstellung auf sich selbst reflektieren. In den anschließenden Stunden wurden die Ergebnisse ausgewertet und diskutiert.

Die zweite Phase galt der Entwicklung einer Ausstellungsidee und dem Entwurf eines Drehbuchs (Januar-Februar 2013). In einem Workshop in Ziesar machten sich die Schüler mit den räumlichen Bedingungen vor Ort vertraut. Unmittelbar danach wurden Ideen und Grobkonzeptionen mit denkbaren thematisch-räumlichen Schwerpunktsetzungen diskutiert. Am Ende stand der Entwurf eines Drehbuchs, das die thematischen Schwerpunkte nach Räumen geordnet enthielt, potentielle Objekte und die dazu gehörigen Texte auflistete sowie Laufwege, Sichtachsen u. a. berücksichtigte.

Die dritte Phase begann nach den Ferien mit der Ausarbeitung des Drehbuchs (März-April 2013). Dazu wurden verschiedene Arbeitsgruppen gebildet, die sich einem bestimmten Thema innerhalb des Drehbuchs zuwendeten und hier alle notwendigen Recherchen zu Objekten und Ausstellungstexten vornahmen. Ebenso begannen die Entwurfsarbeiten zu Flyer und Plakat, die Erstellung von Karten, und die Gruppe für Öffentlichkeitsarbeit nahm ihre Arbeit auf (Recherchen potentieller Gäste zur Eröffnung, Voranfragen). Die Zwischenergebnisse wurden mit Kursleiter und Museumsleiter diskutiert, korrigiert, Hinweise zum weiteren Vorgehen gegeben, Termine abgestimmt. Dazu gehörte auch, in einer Doppelstunde gemeinsam an einem Ausstellungstext zu arbeiten, um methodisch eine mögliche Vorgehensweise anzudeuten und um als Ermutigung für den eigenen Schreibprozess zu wirken. Ende April waren alle Ergebnisse ans Museum zu übergeben.

In der vierten und letzten Phase wurde die Eröffnung der Ausstellung geplant und umgesetzt (Mai-Juni 2013). Dazu gehörten Einladungsschreiben, Erstellen von Pressetexten, die Vorbereitung des Ablaufs der Eröffnung. Statt langer Reden sollte es eine Modenschau geben, die die Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen Slawen und Sachsen anhand der Kleidung zeigte. Zu diesem Zweck wurde ein Workshop durchgeführt, für den zwei Spezialisten für mittelalterliche Bekleidung gewonnen werden konnten, die den Schülern die Spezifik von Kleidung und Bewaffnung des 10. Jahrhunderts vermittelten und eine szenische Darstellung mit vier Schülern einstudierten. Nach der erfolgreichen Eröffnung, an der neben der Ministerin für Bildung, Jugend und Sport des Landes Brandenburg, Martina Münch, ca. 50 Gäste teilnahmen, erfolgte die Nachbearbeitung. Fotos wurden archiviert, Presseartikel gesammelt und in Kursunterlagen aufgenommen.

Besonderheiten / Charakteristika

Das Projekt besaß mit dem Termin der Ausstellungseröffnung eine klare Zielorientierung, d. h. eine hohe Verbindlichkeit war für alle Projektteilnehmer von Anfang an gegeben und daraus erwuchs eine Verantwortung des Einzelnen, seine Aufgabenstellungen zu erfüllen.

Nach der fachlich-inhaltlichen Einarbeitungsphase setzten Prozesse der ständigen Differenzierungen bezüglich der Themen und Aufgaben ein. Dabei zeigten sich – zum Teil auch unerwartet – Stärken einzelner Schüler, die dann ganz gezielt für das Projekt genutzt wurden. So konnten Schüler mit Wissen und Fähigkeiten überzeugen, die im Unterricht eher selten nachgefragt werden. Dazu einige Beispiele: Im Bereich Design übernahm ein Schüler die Gestaltung des Flyers und des Plakats und brachte beides in Zusammenarbeit mit dem Museum zur Druckreife. Ein anderer Schüler besorgte die technischen Dateien für die Hörstation, ein anderer kümmerte sich während des Ausstellungsaufbaus im Rahmen eines Schülerpraktikums für die technische Realisierung der Hörstation. Zwei Schülerinnen übernahmen die Öffentlichkeitsarbeit (Anfragen, Einladungen, Pressearbeit) einschließlich der Organisation und Durchführung der Eröffnungsveranstaltung. Vier Schüler, die sich besonders für mittelalterliche Kleidung und Bewaffnung interessierten, studierten eine kleine Szene ein, die zur Eröffnung vorgespielt wurde.

Das Arbeiten in thematischen Schwerpunktgruppen war aber nur die eine Seite, die andere bestand in einer kontinuierlichen Abstimmung der Gruppen untereinander, was ein hohes Maß an Selbstständigkeit und -organisation voraussetzte, denn in einer Ausstellung greifen viele Teilbereiche ineinander.

Probleme und Lösungen

Das begrenzte Stundenvolumen des Seminarkurses, eine Doppelstunde pro Woche, erzwang von vornherein ein pragmatisches Vorgehen. Es war klar, dass die Schüler nicht an allen Phasen der Ausstellungsrealisierung (Aufbau, Gestaltung, Satz und Endkorrektur der Texte und Bilder, Druckbegleitung) beteiligt sein würden. Deshalb war es wichtig, die Schwerpunkte auf die konzeptionellen Arbeiten zu legen, deren Umsetzung dann das Museumsteam übernahm. Die gemeinsam erarbeiteten Vorgaben erstellten den verbindlichen Handlungsrahmen, so dass die Schüler sicher sein konnten, dass ihre Ideen auch realisiert wurden.

Die Kursteilnehmer besaßen weder eine besondere Vorbildung hinsichtlich des Themas „Mittelalter“ noch hatten sie sich bisher mit dem Medium „Ausstellung“ beschäftigt. Im Kurs konnte zu diesen Themenbereichen nur ein knapper fachlicher Einstieg vermittelt werden. Für die Entwicklung einer tragfähigen Ausstellungsidee war Hilfestellung seitens des Kursleiters und des Museumsleiters nötig. Dies geschah aber nicht durch eine „von oben“ verordnete  Lösung, um zu vermeiden, dass es nicht eine Ausstellung von Erwachsenen wird, für die die Schüler herhalten. In einem Ideenworkshop wurden die verschiedenen Ideen in ihrem Für und Wider teilweise auch kontrovers diskutiert. Am Ende stand die von allen getragene Grundidee, das Thema mit Hilfe einer gedachten Spiegelachse zu präsentieren.

Die Ergebnisse der Schüler konnten zum größten Teil nur Zwischencharakter erlangen, eine Begleitung und Nacharbeit durch Fachleute war unumgänglich. Dies wurde – von Anfang an – klar kommuniziert, um keine falschen Erwartungshaltungen zu wecken und mögliche Überforderungen zu vermeiden. Gerade in den Diskussionen, die die Schüler mit Kursleiter und Museumsleiter führten, wurden die Zielstellungen vor diesem Hintergrund offen angesprochen. Wichtig war es, gemeinsam mit den Schülern den Weg hin zur Ausstellung zu beschreiten und das Unfertige – verstanden als ein Zwischenergebnis – als das Normale auch und gerade beruflicher Praxis zu verstehen. Dadurch vermittelte sich ein Bewusstsein für die Komplexität und dem teilweise hohen Anspruch der Aufgaben, was wiederum einen realistischen Blick für das eigene Leistungsvermögen eröffnete. Beispielsweise wurde in einer Doppelstunde an einem einzigen Ausstellungstext gearbeitet. Das Ergebnis waren zwei fertige Sätze, die aber nur einen Teil des gesamten Textes darstellten. Hier machten die Schüler die Erfahrung, wie schwierig es ist, einen ausstellungstauglichen Text zu verfassen.

Angaben zur Finanzierung des Projekts

Die Ausstellung wurde zum überwiegenden Teil vom Museum der Bischofsresidenz Burg Ziesar finanziert (Druck- und Satzkosten, Transportkosten, Versicherung, Material, Workshop zur Kleidung und Bewaffnung), die Schule beteiligte sich mit dem Transport und der Bereitstellung von Leihgaben sowie der Verteilung von Flyern und Plakaten.

Abbildungsnachweis

Abb. 1-7 Bischofsresidenz Burg Ziesar

Empfohlene Zitierweise

Bergstedt, Clemens/Geiseler, Udo: „Heiden griffen zu den Waffen“ - Ein Ausstellungsprojekt des Friedrich-Ludwig-Jahn Gymnasiums Rathenow und der Bischofsresidenz Burg Ziesar, publiziert am 07.12.2017; in: Schule und Unterricht, URL: http://www.brandenburgikon.de (TT.MM.JJJJ)

 


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