Carl Heinze, Maschinenfabrik AG, Guben

 

1891 gründete Carl Heinze in Guben (Uferstraße 30/36) eine Maschinenfabrik, die zunächst Dampfmaschinen, Pumpen und Einrichtungen für Keltereien herstellte sowie Reparaturen aller Art ausführte. Im Jahr 1908 begann der Sohn des Gründers, Moritz Heinze, mit dem Bau von Maschinen für die Haar- und Wollhutindustrie. Da in diesem Zeitraum Hüte zunehmend maschinell gefertigt wurden, konnte die Firma schon kurze Zeit später einen beträchtlichen Absatz von Hutmaschinen erzielen. Außerdem erwarb sie sich durch einige patentfähige Erfindungen einen guten Ruf im In- und Ausland.

Anfang 1919 verkaufte Moritz Heinze das Unternehmen für 600.000 Mark. Die Käufer gründeten eine Kommanditgesellschaft, die 1923 in eine Aktiengesellschaft umgewandelt wurde. Der Kaufmann und Fabrikant Franz Wolf brachte als Kommanditist das gesamte Kapital der Kommanditgesellschaft in die Aktiengesellschaft ein und wurde zudem zum Aufsichtsratsvorsitzenden gewählt. Alleiniger Vorstand wurde der bereits als Fabrikleiter tätige Direktor Carl Friedrich Kraney. Aus Gründen der Zweckmäßigkeit verlegte man den Sitz der Aktiengesellschaft nach Frankfurt (Main), da die Aktionäre und Aufsichtsratsmitglieder ihren Wohnsitz in Frankfurt (Main) hatten.

Bei Gründung des Unternehmens betrug das Grundkapital aufgrund der Inflation 5 Millionen Papiermark, zerlegt in 5.000 Aktien zu je 1.000 Papiermark (50 Goldmark). 1925 wurde das Aktienkapital auf 300.000 Reichsmark herabgesetzt. Die bis Mai 1923 anhaltende Inflation führte zu Kontroversen zwischen dem früheren Fabrikbesitzer Moritz Heinze und den Käufern der Fabrik. Durch die Geldentwertung nach dem Verkauf der Firma kam Moritz Heinze in finanzielle Bedrängnis. Die Firma Heinze beschäftigte ihn schließlich bis zu seinem Tod 1926 als beratenden Ingenieur.

Nach der Gründung der Aktiengesellschaft wurde die Fabrikation von Hutmaschinen erfolgreich fortgesetzt. Während für die Haarhutindustrie sämtliche Maschinen hergestellt wurden, erfolgte für die Wollhutindustrie nur die Herstellung von Filzmaschinen. Mit ihren Produkten erlangte die Firma Heinze Weltruf. Besonders bekannt unter den Hutfabrikanten waren die Haarblasmaschine Model SW, die Große Automatische Fachmaschine, die Velourhut-Bürstelmaschine und die Automatische Hutkopf-Reibmaschine. Im Mai 1928 wurde die 300. Blasmaschine fertiggestellt (Abb. 1-5).

Das gesamte Export-Geschäft wurde über den holländischen Konzern N. V. Hoedhaar in Rotterdam abgewickelt. Die Firma N. V. Hoedhaar war zugleich im Besitz des Grundkapitals und aller Aktien der Firma Heinze. Vermittelt wurden die Geschäfte durch die in Deutschland ansässigen Exportfirmen und durch Vertreter in verschiedenen Ländern, die Fachleute auf dem Gebiet der Hutfabrikation waren. So wurde z.B. in Frankreich die Firma Heinze durch die Firma Lafon vertreten (Abb. 6) Großen Anteil an der Vermittlung von Export-Geschäften hatte die Deutsch-Transatlantische Export GmbH Frankfurt (Main) unter Führung von Franz Wolf. Sie war u.a. zuständig für das Hauptabsatzgebiet Südamerika.

Betrug der Jahresumsatz der Firma Heinze kurz vor Ausbruch der Weltwirtschaftskrise im Jahr 1929 noch über 900.000 Reichsmark, brachten die folgenden Jahre dem Unternehmen erhebliche Verluste. Bis zum Jahr 1931 ging der Umsatz auf 273.000 Reichsmark zurück, durch Sparmaßnahmen konnte es jedoch gerettet werden.

In dieser Zeit kam es auch zu Änderungen bei der Regelung des Exports. Franz Wolf verlegte sein Unternehmen nach Sao Paulo in Brasilien. Die Deutsch-Transatlantische Export GmbH stellte 1933 ihre Tätigkeit ein und die Firma Heinze wurde nun von Sao Paulo aus vertreten. Der Vorsitz im Aufsichtsrat ging an den Fabrikanten der Hutstoffwerke C. F. Donner in Frankfurt (Main), Max Donner, über.

Die Abwicklung des Exportgeschäftes erfolgte seit 1934 direkt von Guben aus. Zu diesem Zweck siedelte der bei der Firma N. V. Hoedhaar zuständige leitende Angestellte Willy Rust von Rotterdam nach Guben über. Er wurde als Prokurist bei der Firma Heinze tätig. Schließlich wurde 1935 der Sitz der Aktiengesellschaft von Frankfurt (Main) ebenfalls nach Guben verlegt. Der Aufsichtsrat bestand 1935 nur noch aus drei Mitgliedern. Alleiniger Vorstand blieb weiterhin Direktor Carl Friedrich Kraney.

Nach der Weltwirtschaftskrise konnte sich das Unternehmen wieder erholen. Der Jahresumsatz stieg bis 1935/36 wieder auf über 500.000 Reichsmark, der Auslandsanteil betrug dabei knapp 70 %. Die Beschäftigtenzahl lag zu diesem Zeitpunkt bei etwas über 50 Arbeitern und 11 Angestellten. Zusätzlich befanden sich im Durchschnitt 25 Lehrlinge bei der Firma Heinze in der Ausbildung, vor der Weltwirtschaftskrise waren es etwa 70 Arbeiter bei annähernd gleicher Anzahl von Angestellten und Lehrlingen gewesen.

Zu Beginn des Zweiten Weltkrieges änderte sich zunehmend das Bild des Unternehmens. Trotz entsprechender Nachfrage ging die Hutmaschinenfabrikation zurück. Dies war z.T. auf Schwierigkeiten bei der Materiallieferung (Eisen) zurückzuführen. Einen letzten großen Auftrag über Hutmaschinen bekam die Firma Heinze aus dem Iran, wo eine Hutfabrik errichtet werden sollte. Durch die Kriegsereignisse gelangte jedoch nur noch ein Teil der Maschinen in den Iran.

Die Firma Heinze wurde ab 1940 der größte Gubener Rüstungsbetrieb. Ihr Absatz verlagerte sich vom Ausland auf das Inland, es wurden nun vor allem Spezialwerkzeuge und Werkzeugteile für Maschinen hergestellt. Seit 1940 war die Firma Heinze auch an der Munitionsfertigung beteiligt. Die Beschäftigtenzahl stieg auf etwa 70 Arbeiter an, bedingt durch Einberufungen zur Wehrmacht wurden zunehmend Frauen zur Arbeit verpflichtet. Im November 1941 kamen 20 französische, später auch italienische Zwangsarbeiter sowie russische Kriegsgefangene in die Fabrik. Die Firma Heinze verwaltete das Gubener Kriegsgefangenenlager (etwa 70 Kriegsgefangene).

Am 1. Juli 1941 erfolgte die Umwandlung der „Carl Heinze Aktiengesellschaft“ in eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung, um die Unternehmensführung zu vereinfachen. Alleiniger Geschäftsführer wurde der bisherige Direktor Carl Friedrich Kraney, der Aufsichtsrat wurde aufgelöst, Sitz der Gesellschaft blieb Guben. Zuvor hatte die „Berlin-Gubener Hutfabrik AG“ das gesamte Stammkapital von der N. V. Hoedhaar in Rotterdam mit der Begründung erworben, es habe sich bei der Firma N. V. Hoedhaar um ein nicht arisches Unternehmen gehandelt. Die „Berlin-Gubener Hutfabrik AG“ wurde alleiniger Gesellschafter der neuen GmbH.

Zum Kriegsende lag der Schwerpunkt der Firma Heinze bei der Fertigung von CH-Kurzgewinde Strehlapparaten, die in einer Maschinenfabrik in Klingenthal fortgesetzt wurde, als das Gubener Werk durch Kriegseinwirkungen bereits beschädigt war. Bis zum 20. 2. 1945 wurde bei der Firma Heinze gearbeitet. Direktor Carl Friedrich Kraney nahm sich zwischen dem 23. und 25. Februar das Leben, auch der Prokurist Willy Rust starb.

Die Rote Armee besetzte nach Kriegsende den Betrieb und wegen der vorausgegangenen Kriegsproduktion erfolgte eine fast vollständige Demontage. Die Besetzung endete im Frühjahr 1946. Aufgrund des Befehls Nr. 124 der SMAD vom 30. 10. 1945 und der Verordnung der Provinzialverwaltung Mark Brandenburg von 5. 8. 1945 wurde der Betrieb in Volkseigentum überführt und die Provinzialverwaltung bestellte einen Treuhänder. Dieser gestattete nicht die Weiterführung des alten Firmennamens. Der Betrieb wurde als Abteilung der Firma Alfred Donat, vormals Wilhelm Köhler, Guben angegliedert. Durch eine Eingabe erreichte die Belegschaft jedoch, dass der Betreib als „Landeseigener Betrieb Brandenburg, Carl Heinze Maschinenfabrik“, wieder eigenständig arbeitete. Geleitet wurde der Betrieb vom langjährigen Werkmeister Paul Leutloff.

Nach Aufräumarbeiten der Kriegsschäden lief die Produktion am 1. November 1946 wieder an. Zunächst wurden Aufträge des allgemeinen Maschinenbaus und Reparaturarbeiten ausgeführt. Der Betrieb fertigte zum Beispiel Lokomotivteile für einen Reparationsauftrag des "Karl Marx Werkes Babelsberg" (früher Orenstein & Koppel). Außerdem sollten Landmaschinen und Traktoren hergestellt werden. Die Leitung des Betriebes räumte jedoch ein, dass dafür die Voraussetzungen fehlten und bemühte sich um die Wiederaufnahme des Hutmaschinenbaus. Noch immer war der Betrieb in Deutschland nahezu konkurrenzlos. Von früheren Geschäftspartnern, v.a. aus den nunmehrigen Westzonen, aber auch aus dem Ausland, lagen bereits Aufträge vor. Der Bau von Hutmaschinen wurde jedoch nicht gestattet. Am 1. Juli 1948 wurde die „Maschinenfabrik Carl Heinze“ als Zweigbetrieb der VVB Textima Chemnitz angeschlossen.

Eine Enteignungsurkunde der Landesregierung vom 15. Juli 1948 machte die Enteignung schließlich rechtskräftig. Am 1. Januar 1951 wurde der Betrieb unter der Bezeichnung „VEB Hutmaschinenbau Guben“ mit der „Textil- und Hutmaschinenfabrik Guben“ (früher Firma Wilhelm Quade GmbH) zusammengeschlossen.

VVB – Vereinigung Volkseigener Betriebe

(Textvorlage: Brandenburgisches Landeshauptarchiv Rep. 75 Carl Heinze, Maschinenfabrik AG, Guben; Bestandsübersicht / Firmengeschichte, ergänzt und bearbeitet von Vinzenz Czech)

Quellen

Brandenburgisches Landeshauptarchiv, Rep. 75 Carl Heinze, Maschinenfabrik AG, Guben [Siehe: Hier]

Literatur

Carl Heinze Maschinenfabrik A.-G. Guben. Spezialfabrik für Maschinen zur Hutfabrikation. In: Stein, Erwin (Hrsg.): Monographien deutscher Städte. Band XXV Guben. Berlin 1928, S. 234/235.

Carl Heinze, Maschinenfabrik Guben. Spezialfabrik für Maschinen zur Hutfabrikation. In: Magistrat der Stadt Guben (Hrsg.): Deutschlands Städtebau – Guben. Berlin 1922, S. 58/59.

Abbildungsnachweis

Abb. 1-3 Carl Heinze 1928.

Abb. 4, 5 Carl Heinze 1922.

Abb. 6 Gemeinfrei.

Empfohlene Zitierweise

Carl Heinze, Maschinenfabrik AG, Guben, publiziert am 17.10.2023; in: Industriegeschichte Brandenburgs, URL: http://www.brandenburgikon.de (TT.MM.JJJJ)


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