VEB Erdölverarbeitungswerk / Petrolchemisches Kombinat Schwedt

Katrin Verch

Im Zusammenhang mit Verhandlungen zum Bau einer Erdölfernleitung aus der UdSSR begannen 1957 Vorbereitungen zur Errichtung eines Erdölverarbeitungswerkes. Im Oktober 1958 fiel die Entscheidung für den Standort Schwedt. Bereits am 1. Januar 1959 wurde der „VEB Erdölverarbeitungswerk Schwedt“ gebildet, am 13. Januar 1959 erfolgte die Eintragung in das Handelsregister und am 11. November 1960 wurde der Grundstein gelegt. Der Aufbau des Werkes stellte in jener Zeit das größte Investitionsvorhaben der DDR dar. Bis zur Inbetriebnahme des Schwedter Werkes wurden 90 % der Kraft- und Schmierstoffe aus Kohle hergestellt. Im Dezember 1963 konnte die Erdölleitung „Freundschaft“, die Erdöl aus der UdSSR lieferte, in Betrieb genommen werden. 1964 ging die erste Anfahrstufe in Betrieb (u. a. Rohöldestillation, Raffination, Reforming, Stabilisierung). 1965 folgte die zweite und 1969 die dritte Stufe. Zunächst entstand somit die eigentliche Raffinerie. Hergestellt wurden v. a. Vergaser- und Dieselkraftstoff, Heizöl und Bitumen. Der Betriebsteil Erdölleitung „Freundschaft“ des Werkes wurde mit Wirkung vom 01.07.1966 dem „VEB Mineralölverbundleitung“ angegliedert.

In den folgenden Jahren strebte man danach, für das Öl einen immer höheren Veredlungsgrad zu erreichen. Bis 1970 entstanden u. a. eine Düngemittelfabrik, eine Xylolvordestillation, eine Acrylnitril- und eine Natriumcyanidanlage. 1971 ging eine Anlage zur Gewinnung von Normalparaphin in Betrieb, 1972 begann die Herstellung von Möbeln aus Polyurethan und 1973 war die Inbetriebnahme eines Anlagenkomplexes zur Herstellung von Terephtalsäure. Es folgten u. a. eine Anlage zur biochemischen Erzeugung von Futterhefe aus Erdöldestillaten und eine Kalkammonsalpeter-Granulierungsanlage (Abb. 1, 2, 3). Die Produkte waren vorwiegend Ausgangsstoffe für die Plastverarbeitung, die Textilindustrie, für Lacke und Farben sowie für Pflanzenschutzmittel.

Der „VEB Erdölverarbeitungswerk Schwedt“ gehörte zur VVB Mineralöle und organische Grundstoffe Halle, ab 1969 VVB Mineralöle. Die VVB wurde zum 31. Dezember 1969 aufgelöst. Es entstand zum 1. Januar 1970 der „VEB Petrolchemisches Kombinat Schwedt“. Zum VEB PCK gehörten als Stammbetrieb das Schwedter Werk mit einem Betriebsteil in Erkner (der „VEB Teerdestillation und Chemische Fabrik Erkner“ war am 1. Juli 1969 eingegliedert worden), der „VEB Otto Grotewohl Böhlen“ mit Betriebsteilen in Espenhain und Rositz, der „VEB Hydrierwerk Zeitz“ mit Betriebsteilen in Lützkendorf, Mieste, Völpke, Webau und Klaffenbach sowie der „VEB Mineralölverbundleitung Heinersdorf“. 1984 kam der „VEB Wittol Wittenberg“ hinzu. Der VEB PCK Schwedt und der „VEB Leuna-Werke Walter Ulbricht“ waren die Zentren der Erdölverarbeitung und Petrolchemie in der DDR (Abb. 4, 5).

1990 wurde der Betrieb zur PCK AG privatisiert. 1991 erwarb ihn ein internationales Konsortium aus den Firmen DEA und VEBA Oel, der italienischen Agip sowie den französischen Firmen Total und Elf.

Quellen

Brandenburgisches Landeshauptarchiv Rep. 703 VEB Erdölverarbeitungswerk Schwedt. [Siehe: Hier]

Literatur

Bukowski, Gerd / Limmer, Heinz: Vom Vorzeigebetrieb zur Spitzenraffinerie. Die Geschichte der Erdölraffinerie in Schwedt/ Oder/ PCK. Dößel 2011.

Die Volkswirtschaft der DDR und das VEB PCK Schwedt. Frankfurt (Oder) 1973.

Gut, Tobias: Industrialisierung und Neugestaltung von Schwedt/Oder bis 1970. In: Mitteilungen des Uckermärkischen Geschichtsvereins zu Prenzlau 21 (2014), S. 120-139.

Springer, Phillip: Verbaute Träume. Herrschaft, Stadtentwicklung und Lebensrealität in der sozialistischen Industriestadt Schwedt. Berlin 2006.

Kramm, Hans Joachim: Schwedt als neuer Industrieschwerpunkt im Bezirk Frankfurt/Oder. In: Märkische Heimat 5 (1961), S. 142-151.

Verch, Katrin: VEB Erdölverarbeitungswerk Schwedt. In: Posselt, Rosemarie u.a. (Hrsg.): Staatliche Verwaltung, Wirtschaft, Parteien und Organisationen in den Bezirken Cottbus, Frankfurt (Oder) und Potsdam 1952-1990 (= Übersicht über die Bestände des Brandenburgischen Landeshauptarchivs; Teil III/2). Berlin 2005, S. 354-356

Abbildungsnachweis

Abb. 1 https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Bundesarchiv_Bild_183-Z0413-010,_Schwedt,_petrochemisches_Kombinat.jpg (Bundesarchiv, Bild 183-Z0413-010; Foto: Müller - CC-BY-SA 3.0).

Abb. 2 https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Bundesarchiv_Bild_183-M0108-0323,_VEB_Erd%C3%B6lverarbeitungswerk_Schwedt,_Roh%C3%B6ldestillation.jpg (Bundesarchiv, Bild 183-M0108-0323; Foto: Schulze - CC-BY-SA 3.0).

Abb. 3 https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Bundesarchiv_Bild_183-1982-1206-312,_VEB_Erd%C3%B6lverarbeitungswerk_Schwedt,_Stammbetrieb.jpg (Bundesarchiv, Bild 183-1982-1206-312; Foto: Link, Hubert - CC-BY-SA 3.0).

Abb. 4 https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Bundesarchiv_Bild_183-U0525-0016,_VEB_Erd%C3%B6lverarbeitungswerk_Schwedt,_Jugendbrigade.jpg (Bundesarchiv, Bild 183-U0525-0016; Foto: Zimmermann, Peter - CC-BY-SA 3.0).

Abb. 5 https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Bundesarchiv_Bild_183-U0705-0309,_Schwedt,_petrochemisches_Kombinat,_Werkseingang.jpg (Bundesarchiv, Bild 183-U0705-0309; Foto: Zimmermann, Peter - CC-BY-SA 3.0).

Empfohlene Zitierweise

Verch, Katrin: VEB Erdölverarbeitungswerk / Petrolchemisches Kombinat Schwedt, publiziert am 18.03.2022; in: Industriegeschichte Brandenburgs, URL: http://www.brandenburgikon.de (TT.MM.JJJJ)


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