VEB Papierfabrik / Papier- und Kartonwerke Schwedt

Katrin Verch (bearbeitet und ergänzt von Julian-Dakota Bock)

In den frühen 1950er-Jahre wurde Karton und Papier in der DDR in relativ veralteten Fabriken und in nicht ausreichender Menge hergestellt. Die wenigen leistungsfähigen Maschinen waren in der unmittelbaren Nachkriegszeit demontiert und in die Sowjetunion gebracht worden. So stammten die vorhandenen Anlagen zur Papierherstellung zu einem Großteil noch aus dem 19. Jahrhundert. Die älteste Papier-Maschine ließ sich auf das Jahr 1832 zurückdatieren. Aus diesem Grund beschlossen die Gremien auf der Bezirks- und Zentralebene 1957, eine neue Papierfabrik in Schwedt zu errichten. Diese sollte eine Produktionskapazität von 300 Tagestonnen haben, welche in einer zweiten Ausbaustufe zu 700 Tagestonnen ausgebaut werden sollte. Der Hintergrund der Standortwahl war im Wesentlichen die Überlegung, neben dem etwa zeitgleich geplanten Erdölverarbeitungswerk ein weiteres industrielles Zentrum in der Region zu schaffen.

Der „VEB Papierfabrik Schwedt“ wurde am 25. Februar 1958 in das Handelsregister eingetragen. Die Grundsteinlegung erfolgte am 17. Juli 1959. Das Gelände, auf dem das Werk gebaut werden sollte, war ein Waldstück in der Gemarkung der benachbarten Stadt Vierraden, das später dem Territorium der Stadt Schwedt zugeordnet wurde. Für den Transport der Rohstoffe und Fertigwaren war an der Hohensaaten-Friedrichsthaler-Wasserstraße eine Hafenanlage vorgesehen.

Am 15. Oktober 1961 erfolgte die Inbetriebnahme der Kartondruckmaschine und am 31. Oktober verließ der erste Karton das Werk. Gleichzeitig kam es immer wieder zu Störungen, da die meisten Maschinen aufgrund des Plandruckes zunächst als Provisorien errichtet worden waren. Erst ab 1962 war das Werk vollkommen einsatzbereit. Am 26. Juli 1963 konnte schließlich auch die Zeitungsdruckpapiermaschine in Betrieb genommen werden.    

Seit dem Jahr 1968 wurden 60% des Zeitungspapierbedarfes der DDR in Schwedt hergestellt. So stammte das Papier zum Druck der Zeitungen „Neues Deutschland“, „Neuer Tag“, „Ostsee-Zeitung“ und „Volksstimme“ aus dem „VEB Papierfabrik“. Im selben Jahr wurde der erste Karton für Wellpappe erzeugt, wodurch Schwedt zum alleinigen Hersteller von Wellpappe in der DDR wurde. Am 5. April 1972 sorgte ein Großbrand an der Maschine I für einen längerfristigen Ausfall der Produktion. Erst am 14. April konnte die Zeitungsdruckpapiermaschine wieder in Betriebe genommen werden. Im Jahr 1973 begann die Produktion von Tapeten sowie Holzschliff. Mit dem Anlauf einer Deinkinganlage im Jahre 1976 konnte dem Zeitungspaper verstärkt Altpapier zugesetzt werden (Abb. 1-4). Seit 1982 gehörten dann auch Windeln zum Produktsortiment.

Mit dem 1. Januar 1971 legte man den „VEB Papierfabrik Schwedt“ mit dem „VEB Zellstoffwerk Gröditz“ zum „VEB Vereinigte Papier- und Zellstoffwerke Schwedt“ zusammen. In Gröditz wurden fortan Zellstoff, Sulfitablauge und Spiritus produziert. Zum 1. Januar 1976 wurde das Werk in Gröditz allerdings wieder aus dem VEB herausgelöst und juristisch selbstständig. Der Schwedter Betrieb erhielt nun den Namen „VEB Papier- und Kartonwerke Schwedt“. Am 1. Januar 1982 wurde die bisher juristisch selbstständige Papierfabrik Wolfswinkel in Eberswalde-Finow als Werk angegliedert. In Wolfswinkel stellte man vorwiegend handgeschöpftes Büttenpapier und Briefordner her.

Der Betrieb unterstand von der Gründung an der VVB Zellstoff, Papier und Pappe Heidenau. 1979 wurde der „VEB Kombinat Zellstoff und Papier Heidenau“ gebildet, dem das Schwedter Werk nun zugeordnet war. Im Zuge der Privatisierung entstand 1990 die Schwedt Papier und Karton GmbH.

Quellen

Betriebsparteiorganisation VEB Vereinigte Papier- und Zellstoffwerke Schwedt (Hrsg.): Roter Treff. Organ der VEB Vereinigte Papier- und Zellstoffwerke Schwedt, Berlin 1960-1989.

Betriebsparteiorganisation VEB Vereinigte Papier- und Zellstoffwerke Schwedt (Hrsg.): Der Papiermacher. Zeitung für die Werktätigen der VEB Papier- und Kartonwerke Schwedt. Berlin 1990.

Brandenburgisches Landeshauptarchiv Rep. 704 VEB Papier- und Kartonwerke Schwedt. [Siehe: Hier]

Literatur

VEB Papier- und Kartonwerke Schwedt (Hrsg.): 1958-1965 (= VEB Papier- und Kartonwerke Schwedt. Aus der Geschichte des Betriebes; Bd. 1). Schwedt 1985.

VEB Papier- und Kartonwerke Schwedt (Hrsg.): 1965-1972 (= VEB Papier- und Kartonwerke Schwedt. Aus der Geschichte des Betriebes; Bd. 2). Schwedt 1989.

Stadt Schwedt/ Oder (Hrsg.): Papierstandort. Schwedt 1998.

Verch, Katrin: VEB Papier- und Kartonwerke Schwedt. In: Posselt, Rosemarie u.a. (Hrsg.): Staatliche Verwaltung, Wirtschaft, Parteien und Organisationen in den Bezirken Cottbus, Frankfurt (Oder) und Potsdam 1952-1990 (= Übersicht über die Bestände des Brandenburgischen Landeshauptarchivs; Teil III/2). Berlin 2005, S. 392-393.

Abbildungsnachweis

Abb. 1-4 VEB Papier- und Kartonwerke Schwedt (Hrsg.): 1965-1972 (= VEB Papier- und Kartonwerke Schwedt. Aus der Geschichte des Betriebes; Bd. 2). Schwedt 1989.

Empfohlene Zitierweise

Verch, Katrin: VEB Papierfabrik / Papier- und Kartonwerke Schwedt, publiziert am 18.03.2022; in: Industriegeschichte Brandenburgs, URL: http://www.brandenburgikon.de (TT.MM.JJJJ)


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