Schlacht bei Großbeeren 1813

Lucas Lebrenz

Vorgeschichte

Der französische Machthaber Napoleon Bonaparte, der sich am 2. Dezember 1804 selber zum Kaiser der Franzosen krönte, hatte innerhalb weniger Jahre den Großteil des europäischen Kontinents unterworfen. (Abb. 1) Jedoch erzeugte seine Hegemoniestellung auch überall Widerstand und viele besiegte Staaten warteten auf den passenden Moment, die französische Vorherrschaft zu beenden. Nachdem die französische Grande Armee sich während ihres katastrophalen Rückzugs aus Russland Ende des Jahres 1812 beinahe vollständig aufgelöst hatte, schloss sich Preußen den Russen an und erklärte Frankreich am 17. März 1813 den Krieg. Die verbündeten Heere konnten Napoleons Truppen anfangs zwar bis an die Elbe zurückwerfen, mussten sich dann allerdings im Zuge der verlorenen Schlachten bei Großgörschen (2. Mai 1813) und Bautzen (20./ 21. Mai 1813) nach Schlesien zurückziehen. Ein französischer Vorstoß auf Berlin konnte bei Luckau am 4. Juni 1813 abgewehrt werden. Infolge seiner hohen Verluste und der Bedrohung seiner Nachschublinien durch in seinem Rücken operierende Streifscharen (z. B. Lützower Freikorps und brandenburgische Husaren unter dem Kommando des Rittmeisters von Colomb) stimmte Napoleon einem von den Alliierten angebotenen Waffenstillstand zu, der schließlich bis zum 10. August 1813 dauerte.

Während dieser Zeit erreichten die Alliierten den Beitritt Österreichs zur antifranzösischen Koalition. Es wurden nun drei Armeen gebildet, die Napoleons Truppen umfassen und dadurch gemeinsam vernichten sollten. Von Böhmen aus agierte die Hauptarmee unter dem österreichischen Feldmarschall Karl Philipp zu Schwarzenberg, der zugleich Oberbefehlshaber der Verbündeten war. In Schlesien sammelte der preußische General Gebhard Leberecht von Blücher preußische und russische Truppen und stellte damit die Verbindung zu der in der Mark Brandenburg stehenden Nordarmee unter dem ehemaligen französischen Marschall Jean Baptiste Bernadotte, nun Kronprinz Karl Johann von Schweden, her. Dessen Armee sollte vornehmlich die preußische Hauptstadt Berlin decken, auf die sich Napoleon in erster Linie konzentrierte.

Er betrachtete die Stadt als Ausgangspunkt des preußischen Widerstands und so marschierte nach dem Ende des Waffenstillstands eine 70.000 Mann starke französische Armee unter dem Befehl des Marschalls Oudinot von Luckau aus in Richtung Berlin. Unter seinem Kommando stand auch das VII. Korps unter General Reynier, das vor allem aus sächsischen Einheiten bestand. Da das sumpfige Operationsgebiet durch die Überschwemmungen der Nuthe, des Nuthe-Grabens und der Notte gekennzeichnet war, musste Marschall Oudinot seine Korps getrennt vorrücken lassen. Zudem konnten sich seine Armeekorps daher auch schlechter gegenseitig unterstützen. (Abb. 2) Dieser sogenannten Berlin-Armee stellten sich die beiden preußischen Korps der Nordarmee entgegen. Sie verfügten gemeinsam über etwa 75.000 Mann, wobei etwa 30.000 Mann der Landwehr angehörten, und verwickelten die Spitzen der Berlin-Armee am 21. und 22. August 1813 auf ihrem Vormarsch in einige Gefechte. Insbesondere die Übergänge über den Nuthegraben mussten sich die Franzosen blutig erkämpfen.

Schlacht

Nach den Rückschlägen am Vortag standen das III. preußische Korps am 23. August 1813 unter General von Bülow bei Heinersdorf, während eine Division als Vorposten den Ort Großbeeren besetzt hielt, und das IV. preußische Korps unter General von Tauentzien bei Blankenfelde. (Abb. 3) Dort schlug es am Vormittag den Vorstoß des Generals Henri-Gatien Bertrand zurück und verhinderte somit, dass dessen Truppen in die Hauptkampfhandlungen bei Großbeeren eingreifen konnten. In diesen Kämpfen bewährten sich die frisch aufgestellten brandenburgischen Landwehreinheiten.

In der Zwischenzeit war General Reynier mit seinem VII. Korps auf Großbeeren vorgerückt und konnte das Dorf nach einem kurzen Artillerieduell gegen 17:00 Uhr mit seinen 18.000 Mann besetzen. Die preußischen Batterien auf dem Windmühlenhügel mussten sich den überlegenen französischen Geschützen geschlagen geben, während Großbeeren in Flammen aufging. General Bülow ließ daher seine 40.000 Mann starken Truppen aus Heinersdorf auf Großbeeren marschieren. Daraufhin entwickelte sich zwischen den Batterien der beiden Korps ein fast 90minütiges, heftiges Artillerieduell, bei dem die Franzosen und Sachsen aufgrund ihrer größeren Geschütze und der erhöhten Stellung auf dem Windmühlenhügel lange die Oberhand hatten. Währenddessen konnte der preußische General von Borstell mit seiner Brigade den Ort Kleinbeeren einnehmen und so den linken Flügel der angreifenden Preußen verstärken. (Abb. 4)

Da es stark regnete, das Pulver nass und für die Infanterie samt ihrer Gewehre nutzlos geworden war, rückten die preußischen Truppen um 18:00 Uhr mit gefälltem Bajonett auf das vornehmlich von Sachsen gehaltene Großbeeren vor. Im anschließenden Nahkampf, bei dem vor allem die Gewehrkolben verstärkt zum Einsatz kamen, konnte der Ort erobert werden, während viele Sachsen flohen oder gefangen genommen wurden. Auch die französische Unterstützung änderte daran nichts und löste sich im Trubel des Schlachtgeschehens schnell auf. Dabei eroberten die Preußen etliche Geschütze und Nachschubwagen. Aufgrund der einbrechenden Dunkelheit und unter Ausnutzung seiner letzten Reserven, der sächsischen Division Lecoq, konnte General Reynier seinen Rückzug decken und rettete dadurch sein Korps vor der völligen Vernichtung. Allerdings hatten seine Truppen viele Ausrüstungsgegenstände, vor allem Gewehre, zurückgelassen, die später als Ausrüstung in den preußischen Landwehreinheiten Verwendung fanden.

Nachdem die Schlacht schon gewonnen schien und die Preußen ihre Biwaks einzurichten begannen, erreichten gegen 20:30 Uhr etwa 2.000 französische Kavalleristen den westlichen Rand des Schlachtfeldes. Es handelte sich dabei um Einheiten des III. Kavalleriekorps unter General Jean Toussaint Arrighi de Casanova. Der Angriff konnte aber durch die preußische Kavallerie abgewehrt werden, wobei sich die Reitermassen vermischten und in einem wilden Ritt bis hinter Heinersdorf in Gefechte verwickelt waren. Erst dort löste sich das Gemenge auf und viele französische Kavalleristen schlugen sich in der Nacht wieder zu ihren Stellungen durch.

Nachwirkungen

Da es den ganzen Tag über geregnet und sich erst spät aufgehellt hatte, sprachen die preußischen Soldaten spöttisch in Anlehnung an Napoleons siegbringende „Sonne von Austerlitz“ schnell von der „Sonne von Beeren“. Infolge dieser Niederlage musste sich die französische Berlin-Armee nach Süden zurückziehen. Ein zu ihrer Unterstützung aus Magdeburg heraneilendes Hilfskorps wurde von preußischen Landwehr-Einheiten und russischen Kosaken am 27. August 1813 in der sogenannten Kolbenschlacht bei Hagelberg in die Flucht geschlagen. Auch hier kamen aufgrund des Regens wie in Großbeeren die Kolben der Gewehre im Nahkampf verstärkt zum Einsatz. Zudem konnte General Bülow am 6. September 1813 bei Dennewitz einen weiteren französischen Vorstoß auf Berlin abwehren. Dadurch blieb Berlin von einer französischen Besetzung verschont. Nach dem Eintreffen der Siegesnachricht in Berlin sollen sich dankbare Berliner Bürger nach Großbeeren begeben haben, um dessen Einwohner bei der Bewältigung der Kriegsfolgen zu unterstützen. In den folgenden Jahren erinnerte ein bis heute stattfindendes Siegesfest an die Schlacht. 1817 wurde ein von Karl Friedrich Schinkel entworfenes Ehrenmal vor der neu erbauten Kirche aufgestellt und anlässlich des 100. Jahrestages der Schlacht am 23. August 1913 ein Gedenkturm im Herzen des Ortes eingeweiht. (Abb. 5 ) Darüber hinaus trugen zahlreiche historisierende Darstellungen im 19. Jahrhundert zur Glorifizierung des Ereignisses bei (Abb. 6).

Gemeinsam mit den Erfolgen der anderen alliierten Armeen Ende August 1813 (Sieg der Schlesischen Armee an der Katzbach am 26. August 1813, Abwehr des französischen Einmarsches in Böhmen durch die Hauptarmee in der Schlacht bei Kulm am 29./ 30. August 1813) markiert die Schlacht bei Großbeeren einen Wendepunkt der Befreiungskriege. Angespornt durch ihre Siege rückten die Alliierten weiter nach Sachsen vor und stellten Napoleon Mitte Oktober schließlich zur Völkerschlacht bei Leipzig (16.-19. Oktober 1813). Da dieser ihrer Übermacht nicht gewachsen war, musste er sich mit seinen Truppen hinter den Rhein zurückziehen. Die Verbündeten trugen daraufhin den Krieg nach Frankreich hinein und besetzten am 31. März 1814 Paris. Napoleon dankte anschließend zum ersten Mal ab und wurde auf die Insel Elba verbannt.

Quellen

Buchholz, Friedrich: Geschichte der Europäischen Staaten seit dem Frieden von Wien, Bd. 3 enthaltend die Geschichte des Jahres 1813, Wien 1816. [Siehe: Hier]

Plotho, Carl von: Der Krieg in Deutschland und Frankreich in den Jahren 1813 und 1814, T. 2, Berlin 1817. [Siehe: Hier]

Literatur

Bauer, Frank: Großbeeren. 23. August 1813 (= Kleine Geschichte der Befreiungskriege 1813–1815, Heft 1). Potsdam 2003.

Bauer, Frank: Großbeeren 1813. Die Verteidigung der preußischen Hauptstadt. Berg am Starnberger See 1996.

Caemmerer, Rudolf von: Die Befreiungskriege 1813‒1815. Ein strategischer Überblick. Berlin 1907.

Friederich, Rudolf: Die Befreiungskriege 1813‒1815, Bd. 2: Der Herbstfeldzug 1813. Berlin 1912.

Förster, Friedrich: Geschichte der Befreiungs-Kriege 1813, 1814, 1815. Bd. 1. 3. Aufl. Berlin 1857. [Siehe: Hier]

Gaile, Friedrich: Die Tage von Großbeeren. Berlin 1913.

Ganschow, Jan/ Haselhorst, Olaf: 1815 – Die Befreiungskriege und das Ende des Napoleonischen Zeitalters. Vorgeschichte, Verlauf, Folgen. Graz 2015.

Geschichte der Nord-Armee im Jahre 1813, H. 1: Der Waffenstillstand und die Schlacht bei Groß-Beeren (= Beiheft zum Militair-Wochenblatt). Berlin 1859.

Großer Generalstab (Hrsg.): Das Preußische Heer der Befreiungskriege. Bd. 2: Das Preußische Heer im Jahre 1813. Berlin 1914.

Hasenkamp, Hugo von: General Graf Bülow von Dennewitz in den Feldzügen von 1813 und 1814. Leipzig 1843. [Siehe: Hier]

Kloppert, Achim: Die Abwehr der napoleonischen Berlin-Offensive bei Großbeeren und Hagelberg im August 1813. In: Birk, Eberhard / Loch, Thorsten / Popp, Andreas (Hrsg.): Wie Napoleon nach Waterloo kam. Eine kleine Geschichte der Befreiungskriege 1813 bis 1815. Berlin/Freiburg i. Br./Wien 2015, S. 207‒217.

Pallmann, Reinhold: Die Schlacht bei Großbeeren und General von Bülow. Ein Beitrag zum Quellenstudium der neueren preussischen Geschichte. Berlin 1872.

Richter, Friedrich: Geschichte des Deutschen Freiheitskrieges vom Jahre 1813 bis zum Jahre 1815. Bd. 1, 3. neubearb. Aufl. Berlin 1841. [Siehe: Hier]

Quistorp, Barthold von: Geschichte der Nordarmee im Jahre 1813. 3 Bde. Berlin 1894. [Siehe: Hier]

Wohlthat, Heinrich: Berlin und die Nordarmee im Spätsommer des Jahres 1813. Berlin 1863. [Siehe: Hier]

Abbildungsnachweis

Abb. 1 https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Europe_1812_map_de.png

Abb. 2, 3, 4 Bauer, Frank: Großbeeren 1813. Die Verteidigung der preußischen Hauptstadt, Berg am Starnberger See 1996, S. 48, 50, 63.

Abb. 5 https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Grossbeeren_Turm_S.jpg (Foto: Doris Antony – CC BY-SA 3.0)

Abb. 6 https://commons.wikimedia.org (Die deutschen Befreiungskriege. Deutschlands Geschichte von 1806-1815" von Hermann Müller-Bohn, Band 2, Berlin 1907/08, S. 580/81)

Empfohlene Zitierweise

Lebrenz, Lucas: Schlacht bei Großbeeren, publiziert am 10.05.2021; in: Historisches Lexikon Brandenburgs, URL: http://www.brandenburgikon.de (TT.MM.JJJJ)

Kategorien

Epochen: Absolutismus / Aufklärung
Themen: Militär - Ereignisse


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