Münzschätze aus Busendorf und Lühnsdorf

Felix Biermann, Hans-Dieter Dannenberg, Thomas Kersting, Wilko Krone

Durch ehrenamtliche Mitarbeiter des BLDAM – aber nicht nur diese – werden in letzter Zeit in Dörfern immer wieder Schatzniederlegungen aus der Zeit des 13./14. Jahrhunderts gefunden, die ein neues Licht auf die wirtschaftlichen Verhältnisse des ländlichen Brandenburgs im späten Mittelalter werfen. Das war 2015 u.a. in einer Wüstung bei Busendorf und in Lühnsdorf der Fall.

Nordwestlich von Busendorf befindet sich am Rande des Kaniner Luchs die Wüstung von Heensdorf, das im 13. Jahrhundert zusammen mit Busendorf zu den sogenannten „sächsischen Dörfern“, einem Außenbesitz des Herzogtums Sachsen-Wittenberg in Brandenburg, gehörte. Heensdorf wird 1419/20 als „Heinrestörff“ genannt, 1527 und hernach ist von der „wüsten Dorfstett Heynstorff“ die Rede. Nach archäologischen Funden handelt es sich bei dem nach dem Lokator benannten „Heinrichsdorf“ um eine ostsiedlungszeitliche Gründung, die im 15. Jahrhundert der spätmittelalterlichen Agrarkrise zum Opfer fiel. Slawische Scherben deuten auf eine Vorbesiedlung hin, reiche Kleinfunde auf einen gewissen Wohlstand im Dorfe.

Als der ehrenamtliche Bodendenkmalpfleger Mario Lippert mit seinem Metallsuchgerät im November 2015 ein Spargelfeld im Bereich der Wüstung prospektierte, konnte er einen Schatz aus dem 13. Jahrhundert entdecken. Eine größere Münzstreuung verwies auf das bereits vom Agrargerät erfasste und zerscherbte Schatzgefäß – ein blaugrauer Kugeltopf, der am niederungsseitigen Rande der Siedlung vergraben worden war. Bei einer umgehend anberaumten Rettungsgrabung sowie mehreren nachfolgenden Prospektionen wurden Gefäß und Münzen dann freigelegt und geborgen (Abb. 1 und 2).

Die fast 600 Pfennige sind brandenburgische Gepräge aus der Mitte des 13. Jahrhunderts. Die Typenvielfalt von 19 unterschiedlichen Münzbildern entspricht dem damaligen jährlichen Zwangsumtausch zu den Markttagen. Die Halbierung vieler Pfennige war bewusst erfolgt – in der sich damals weiter entwickelnden Geldwirtschaft benötigte man „Kleingeld“. Der Heensdorfer Schatz dürfte bald nach 1270 verborgen worden sein.

Es zeigte sich bald, dass manche Ähnlichkeiten mit dem umfangreicheren Denarfund von Götz bestehen und auf eine ähnliche Herkunft und Prägezeit deuten. Mario Lippert hatte 261 brandenburgische Denare und 32 Denarhälften von 19 Typen (+ eine Typvariante) dem Landesamt übergeben. Die späteren Nachsuchen brachten weitere 225 Denare sowie 38 Hälften von 16 Typen (+ 1 Variante).

Somit wurden bei Busendorf 504 + 74/2 brandenburgische Denare der Erde entnommen. Es befanden sich entgegen der Erwartungen keine landesfremden Münzen darunter, wie es sonst öfters vorkommt. Ähnlich den Fundmünzen von Götz II entstammen sie der Mitte des 13. Jahrhunderts, geprägt in erster Linie in Brandenburg/Havel, aber auch in der Münzstätte von Stendal, das damals einer der Hauptorte der Mark Brandenburg war.

Angelehnt an die Typen Da. (Dannenberg) 40 bis 45 (Abb. 3) wird versucht, der zeitlichen Differenzierung der Prägedaten anderer Typen nahe zu kommen. Die Denartypen 40-45 mit dem etwas anderen Münzherrenkostüm hat man vermutlich ab 1259 in Jerichow geprägt. Letzteres war bis dahin ein Teil des Erzbistums Magdeburg und gelangte mittels Urkunde vom 12. Mai 1259 an Markgraf Otto III. von Brandenburg. Anstelle der bisherigen Magdeburgischen Brakteaten schlug man hier nun kurzzeitig die genannten brandenburgischen Denare. Wenn dem so war, dürften die im Fund Busendorf fehlenden Denartypen auch erst nach 1259 geprägt worden sein. Diese Hypothese würde neben den Typen Da. 40 bis 45 vor allem Da. 53 und 55 betreffen. Solche Typen, die im Fund Busendorf etwas zahlreicher enthalten sind, könnten in den Jahren vor 1259 emittiert worden sein. Dies beträfe die Typen Da. 49, 58 und 72, die im Fund Götz II bislang fehlen, schließlich aber auch Da. 47, 48, 54, 56, 57, 61, 63 und 66. Einige der nur in Einzelexemplaren festgestellten Typen könnten durchaus etwas später auf den Acker gelangt sein, etwa als zufällige Verlustpfennige und/oder als „Saatpfennige“ mit der Hoffnung, von den Himmelskräften mit besseren Ernteergebnissen belohnt zu werden.

Bei den im Busendorfer (Heensdorfer) Fund beobachteten Verprägungen handelt es sich um handwerkliche Fehler, die häufiger zu beobachten sind. Diese Arbeitsfehler verändern die Typ-Zuweisung nicht und damit eben auch nicht die numismatische Bedeutung und Einordnung der jeweiligen Münze bzw. des Fundes. Sie geben uns allerdings einen kleinen Einblick in die Arbeitsweise einer mittelalterlichen Münzstätte. Die beobachteten Fehler sind: dezentrale Ausprägungen, Doppel- oder Mehrfachschläge mit dem vorgesehenen Stempel auch mit verdrehter Stempelführung sowie das vollbildliche oder teilweise Überprägen einer bereits geprägten Münzseite mit dem Stempel der anderen Münzseite. Es kommen auch einseitige Prägungen vor. Die geschätzte Fehlerrate im Fund Busendorf liegt zwischen 1 und 3 %.

Mit der Schlagzeile „König findet Schatz“ informierte die MAZ am 28. Oktober 2015, dass im Dorf Lühnsdorf, Ortsteil von Niemegk, ein Münzfund ans Tageslicht gelangt war (Abb. 4). Der Entdecker, Martin König, war im Oktober 2015 in seinem Garten fündig geworden. Nachdem erste Silbermünzen sichtbar wurden, gelangten ihm durch Sieben der Erde 466 silberne Pfennige (Denare) und 210 Denarhälften in die Hände, dazu auch Reste eines Tongefäßes. Wie gesetzlich vorgeschrieben, hatte er den Fund umgehend dem Landesamt für Denkmalpflege gemeldet. Dafür wurde er später mit einer Fundprämie ausgezeichnet. Eine Nachsuche mit Metalldetektor durch den ehrenamtlichen Bodendenkmalpfleger Sieghart Wolter aus Brandenburg/Havel erbrachte weitere 34 Denare und 33 Denarhälften sowie ein Brakteat-Viertel.

Die hier entdeckten zweiseitigen Denare waren damals das einzige Münznominal. Erst ab der Zeit um 1320 gelangten allmählich größere Silbermünzen in Umlauf, in Form der Prager oder böhmischen Groschen (lat. grossi = große Münzen). Brandenburgische Groschen gab es erst ab 1460 und Taler als Großmünzen nach 1500. Die brandenburgischen Denare benutzte man um 1300 auch als überregionales Geld. Leichtere Denare, beispielsweise von Sachsen-Wittenberg und Anhalt, zumeist in geringerem Umfang emittiert, dienten vorrangig als lokales Marktgeld. Um auch mit halben Pfennigen zahlen zu können, hat man vielfach die Silberpfennige geteilt, daher die großen Fundanteile von Hälften oder Hälblingen.

Während der geldgeschichtlichen Periode des Regionalen Pfennigs etwa zwischen 1150 und 1370 wurden die Denare jährlich verrufen und erneuert. Das heißt, die für ein Jahr zugelassenen Pfennigtypen mussten als ungültig für den bevorstehenden Jahresmarkt gegen neu emittierte Pfennige mit jeweils veränderten Münzbildern eingetauscht werden. Man bekam für 12 alte Pfennige acht oder neun neue Pfennigmünzen. 25 Prozent Abschlag wurden an den Münzherrn abgeführt. Diese Zwangssteuer diente auch dazu, das Münzsilber im Land zu halten und die neuen Prägungen zu finanzieren. Jährlich resultierte hieraus ein anderer Silberpfennigtyp mit neuem Münzbild, deshalb kennen wir so viele Denar- und Brakteattypen. Die verrufenen Denartypen wurden jedoch nicht völlig wertlos, sondern beim jährlichen Münzwechsel benutzte man sie gern zum Zwölf-zu-neun-Umtausch auf der Grundlage ihres (Fein-) Silbergehaltes. Trotzdem verringerten sich die mittleren Raugewichte im Lauf der Zeit. Waren die um 1210 geprägten brandenburgischen Denare im Mittel noch 0,85–0,90 g schwer, um 1250 im Mittel um 0,70 g, wie die Funddenare von Götz II im Jahre 2014, so boten die um 1300 emittierten Denare nur Mittelgewichte um 0,60 g, wie hier am Lühnsdorfer Fund ersichtlich. Bei der damaligen manuellen Geldprägung mussten kleine Gewichtsunterschiede toleriert werden. Nicht jeder Denar musste 0,70 oder 0,60 g wiegen, sondern eine geprägte und zu zahlende Denarmenge musste ein bestimmtes Mindestgewicht aufweisen. Um 1300 sollten 345 Denare auf eine Kölnische Mark (233,9 g Silber) gehen, um 1355 waren es 355 Denare je Mark Silber.

Das Gebiet um Belzig und Niemegk zählte in der Zeit vor 1815 als Grafschaft Belzig zum Herzogtum Sachsen-Wittenberg und späteren Kurfürstentum Sachsen, auch der Fundort Lühnsdorf, der 1377 als „Ludersthorph“ erstmals erwähnt wird und somit einen typischen, mit dem Personennamen des Lokatoren gebildeten Ortsnamen des hochmittelalterlichen Landesausbaues trägt. Wittenberg und Brandenburg (Havel) als Haupt-Prägeorte der Lühnsdorfer Fundmünzen liegen ca. 30 km bzw. 40 km vom Fundort entfernt. Der mittelalterliche Handelsweg Brandenburg-Wittenberg führte nur wenige Kilometer an Lühnsdorf vorbei.

Aus den Münzbestimmungen und -zählungen ergaben sich folgende Stückzahlen: 26 Denare und 12 Denarhälften von 18 Typen des Herzogtums Sachsen-Wittenberg; 469 Denare und 219 Denarhälften von 36 Typen der Markgrafschaft Brandenburg; drei Denare aus dem Herzogtum Pommern, dem Bistums Osnabrück und der Reichsstadt Aachen, drei unbestimmte Denare sowie 10 unbestimmte Denarhälften; vier Brakteaten konnten wegen undeutlicher Münzbilder und Randschäden noch nicht eindeutig bestimmt werden.

Die Prägezeit der brandenburgischen Denare lässt sich auf die Zeit um 1270 bis 1305 festlegen. Die drei Typen mit den größten Fundanteilen, Da. 140 bis 142 (Abb. 5) mit zusammen 241 ganzen Exemplaren = 49 % der Funddenare, wurden nach den bisherigen Erkenntnissen wahrscheinlich um 1300/1305 emittiert. Die Münzherren der genannten drei Typen, aber auch anderer enthaltener Denartypen, waren die brandenburgischen Markgrafen der älteren Linie, deren Führung vor allem Otto IV. („mit dem Pfeile“) wahrnahm, sowie die der jüngeren Linie unter Markgraf Otto V. „dem Langen“. Otto IV., in jungen Jahren auch als Minnesänger bekannt geworden, verstarb Ende 1308, über 70 Jahre alt, Otto V. bereits 1298, ihm folgte sein Sohn Hermann.

Die sachsen-wittenbergischen Denare stammen aus der Prägezeit um 1270 bis etwa 1325. Die Münzherren waren die askanischen Herzöge Albrecht II. (1260-1298), anfangs gemeinsam mit seinem Bruder Johann I., daran anschließend der Sohn des ersteren Rudolf I. (1298-1356).

Sicherheitshalber schlagen wir deshalb für die Schluss- bzw. Verbergungszeit des Fundes die Zeit um 1320/25 vor.

Bemühungen, den Wert der Fundmünzen für die damalige Zeit zu schätzen, beziehen sich auf den Kaufwert solcher Denare, also was man damals dafür kaufen konnte, etwa für einen Denar oder vielleicht 10 Denare. Am ehesten ist dies mit Preisen für landwirtschaftliche Erzeugnisse möglich. Im Landbuch der Mark Brandenburg von 1375 hatte man bei den Abgaben zwei Denare einem Huhn gleichgesetzt. Pferde kosteten je nach Qualität als Reitpferd 150-300 Denare. Ein Liter Bier war für 1 bis 1 ½ Pfennige zu haben.

Interessant ist schließlich das Vorkommen mehrerer Silberblechstücke, dünn wie Metallfolie, die zusammengefaltet und in einem Falle mit einer halben Münze darin zum Schatz gehörten (Abb. 6). Für Abfälle der Münzproduktion sind sie aber zu dünn, wenn auch Muster sich darauf abzuzeichnen scheinen.

Zusammen mit einigen weiteren Schätzen dieser Zeitstellung weisen die Funde von Lühnsdorf und Busendorf auf die günstige wirtschaftliche Situation der brandenburgischen Bauern im 13. und in der ersten Hälfte des folgenden Jahrhunderts hin. Der Landesausbau im Gefolge der deutschen Ostsiedlung war bis zum mittleren Drittel des 14. Jahrhunderts, als politische und wirtschaftliche Krisen einsetzten, sehr erfolgreich verlaufen: Große Landflächen wurden urbar gemacht, die Wirtschaft boomte, der Getreidehandel ermöglichte den unter günstigen Rechtsbedingungen angesiedelten Bauern den Erwerb eines gewissen Wohlstands. Von dieser Blütezeit des ländlichen Brandenburgs künden nicht nur die großzügigen Straßen- und Straßenangerdörfer in der Mark sowie deren steinerne Kirchen, sondern auch Schätze. Dass konkrete Ereignisse – etwa Fehden oder andere Kriegsgefahren – zu ihrer Verbergung geführt haben, ist durchaus wahrscheinlich, aber nicht die einzige mögliche Erklärung. Es könnte sich auch um Depots bäuerlicher Vermögen gehandelt haben, die von den Besitzern aufgrund ihres Ablebens nicht gehoben und von deren Erben nicht gefunden wurden, so dass sie über Jahrhunderte im Boden erhalten blieben.

An beiden Orten übrigens wurden die jeweiligen Schatzfunde mit großer Resonanz der Bevölkerung im Original mit Beiträgen der Finder und beteiligten Wissenschaftler präsentiert.

 

Dieser Beitrag erschien unter dem Titel: Kersting, Thomas / Biermann, Felix / Dannenberg, Hans-Dieter / Krone, Wilko: Wohlhabende Bauern. Münzschätze aus Busendorf und Lühnsdorf, Lkr. Potsdam-Mittelmark. In: Archäologie in Berlin und Brandendeburg 2015. Darmstadt 2016, S. 125-129.

Literatur

Dannenberg Hans-Dieter: Die brandenburgischen Denare des 13. und 14. Jahrhunderts. Berlin 1997.

Dannenberg Hans-Dieter: Die Denare der Nachbarn Brandenburgs im 13. und 14. Jahrhundert. Anhalt, Sachsen-Wittenberg, Magdeburg. Typenkatalog, Prägezeiten, historische Zusammenhänge. Berlin 2000.

Rohrlach, Peter-P.: Historisches Ortslexikon von Brandenburg V: Zauch-Belzig. Neuauflage Potsdam 2011.

Abbildungsnachweis

Abb. 1, 2, 4, 6 Thomas Kersting, BLDAM.

Abb. 3, 5 W. Krone.

Empfohlene Zitierweise

Biermann, Felix / Dannenberg, Hans-Dieter / Kersting, Thomas / Krone, Wilko: Münzschätze aus Busendorf und Lühnsdorf, publiziert am 27.11.2023; in: Historisches Lexikon Brandenburgs, URL: http://www.brandenburgikon.de/ (TT.MM.JJJJ)

Kategorien

Epochen: Zeit der Askanier - Spätes Mittelalter
Themen: Herrschaft und Verwaltung - Archäologie und Siedlung


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