Eisengießerei Budde & Goehde GmbH, Berlin und Eberswalde

Vinzenz Czech

In den Jahren 1883/84 richtete Carl Augustini in der Bergerstraße eine Eisengießerei ein. Augustini, vorher Direktor der Keula-Muskauer Eisengießerei, eröffnete seine Fabrik (bestehend aus zwei 38 Meter langen, 13 Meter tiefen Werkstätten) am 15. März 1884 und spezialisierte sich zunächst auf die Gewichtgießerei, die eine sehr große Ausdehnung annahm.

Bereits zwei Jahre später ging die Eisengießerei jedoch über an ein im Zuge der Berliner Stadtentwässerung durch die Ingenieure August Budde und Tassilo Goehde 1878 gegründetes Unternehmen (Abb. 1, 2), das sich zunächst nur dem Handel mit „Kanalisations-, Gas und Wasserleitungsartikel[n]“ (Budde & Göhde 1928, 13) gewidmet hatte, nun aber selbst in die Herstellung der massenhaft benötigten Güter einzusteigen gedachte. Zum Direktor des Werkes Eberswalde wurde 1890 Paul Graber berufen, welcher diesen umfangreichen Betrieb bis 1920 leitete.

Mit einem Kapital von 450.000 Mark wurde Ende 1892 die Umwandlung der Eisengießerei Eberswalde in eine G.m.b.H. vorgenommen, in die noch Fritz Dammann (Berlin), Johann Kribben (Cottbus) und Georg Landré (Berlin) eintraten.

Nach sehr erfolgreichem Produktionsstart kam es bis 1900 mehrmals zu Betriebserweiterungen. Die Gießerei in Eberswalde wurde durch Neubauten und Neueinrichtungen erheblich vergrößert und ausgebaut (Abb. 3-5). Der Absatz der Fabrikate erfolgte meist in Berlin und Umgebung. Hergestellt wurden hauptsächlich Rohre, Gullydeckel, Hydranten, Ausgüsse und Herdplatten. 1906 zählte das Unternehmen über 200 Beschäftigte und produzierte rund sieben Millionen Tonnen gusseiserner Waren (Abb. 6-11).

Zur weiteren Ausdehnung des Geschäftsbereiches beteiligte sich die Firma an dem Radiatorenwerk Britz bei Eberswalde, jedoch wurde die Fabrikation von Radiatoren bald wiedereingestellt und das Radiatorenwerk in die Firma „Britzer Eisenwerk GmbH“ umgewandelt.

1914 musste der Betrieb auf den Krieg umgestellt werden, es wurden Graugussgranaten fabriziert. Aufgrund der schwierigen Geschäftsbedingungen nach dem Krieg infolge der Inflation unterblieben Modernisierungen und nur die notwendigsten Instandhaltungsarbeiten konnten durchgeführt werden.

Nach der Stabilisierung (1924) beteiligte sich die Firma auch am Großhandel mit Zinkblechen und Fayencen. In wenigen Jahren gelang es, den Umsatz zu verdoppeln. Trotzdem wurde das bedeutsame Werk ein Opfer der späteren Wirtschaftskrise. Am 1. Dezember 1930 wurden nur noch 80 Arbeiter beschäftigt, die Firma musste sich entschließen, mit Ablauf dieses Jahres das Werk stillzulegen.

Ein Teil des Geländes wurde verkauft. Die verbliebenen Werksgebäude dienten später als Marmeladenfabrik bzw. Großlager. Die Gebäude legen Zeugnis ab von der einstigen Bedeutung der Bergerstraße als bevorzugter Industrie- und Gewerbestandort. Zugleich wirkt die Gießereihalle aufgrund ihrer Größe und Gestaltung als dominanter Blickpunkt im Straßenbild (Denkmaltopographie, 85).

Literatur

Aurich, H.: Die Industrie am Finowkanal. Bilder aus dem Industrieleben am Finowkanal. Eberswalde 1906, S. 54-63.

Budde & Goehde GmbH. Berlin und Eberswalde 1878-1928. Berlin 1928.

Rohowski, Ilona (Bearb.): Denkmale in Brandenburg. Band 5.1 Landkreis Barnim. Teil 1 Stadt Eberswalde. Worms 1997, S. 85.

Schmidt, Rudolf: Geschichte der Stadt Eberswalde. Band 2: Von 1740 bis 1940. Eberswalde 1941, S. 240.

Abbildungsnachweis

Abb. 1, 2, 4-10 Budde & Goehde 1928.

Abb. 3 Aurich 1906.

Abb. 11 https://commons.wikimedia.org/wiki/File:18-05-22-Eisengie%C3%9Ferei_Budde_%26_Goehde_Eberswalde_RRK2898.jpg?uselang=de (Foto: Ralf Roletschek - GFDL 1.2).

Empfohlene Zitierweise

Czech, Vinzenz: Eisengießerei Budde & Goehde GmbH, Berlin und Eberswalde, publiziert am 06.05.2022; in: Industriegeschichte Brandenburgs, URL: http://www.brandenburgikon.de (TT.MM.JJJJ)


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