Hüttenwerk Lauchhammer / Mitteldeutsche Stahl- und Walzwerke AG Lauchhammer

Katrin Verch (bearbeitet und ergänzt von Vinzenz Czech)

Die Anfänge des Industriestandortes Lauchhammer gehen auf das Jahr 1725 zurück, als die Freifrau von Löwendahl an den Lauchteichen zwischen Bockwitz und Zschornegosda einen ersten Hochofen anblasen ließ. Das entstandene Eisenwerk mit Gießerei, genannt der „Löwendahl´sche Hammer“, lieferte u.a. Töpfe, Kessel, Hämmer, Herdplatten, Wagenreifen, Achsen und Pflugscharen. Bekannt wurde das Werk unter dem Nachfolger und Universalerben, Graf Detlev Carl von Einsiedel, der ab 1784 den Kunstguss aus Eisen vorantrieb. 1785 nahm das Hüttenwerk als neuen Geschäftszweig das Emaillieren gusseiserner Geschirre, Öfen und Röhren auf. In den 1830er Jahren wurde auch der Bronzeguss in Lauchhammer eingeführt. Die Kunstgießerei Lauchhammer war im 19. Jahrhundert weltweit und auf zahlreichen Ausstellungen vertreten, u.a. stammt auch das Lutherdenkmal in Worms, das größte seiner Art, aus der Gießerei (Abb. 1). Sporadisch erfolgten ebenso erste Gussarbeiten für Kirchenglocken. Auch der Bauguss wurde das gesamte 19. Jahrhundert hindurch betrieben, es entstanden Säulen, Brücken, Treppen- und Balkongeländer, Kandelaber, Portale u. Ä. In den Jahren 1893-1897 wurden etwa 320 Straßenpumpen für Berlin gegossen.

Der letzte Graf von Einsiedel verstarb 1861. Seine Erben verkauften im Jahr 1872 sämtliche Besitzungen an ein Konsortium, welches das gesamte Besitztum in eine Aktiengesellschaft mit dem Namen „Aktiengesellschaft Lauchhammer, vormals Vereinigte gräfliche Einsiedelsche Werke“ umwandelte. Neben 31 Hochöfen besaß die AG bei der Gründung auch die Güter Mückenberg, Frauendorf, Sallgast und Burghammer. Der Hochofenbetrieb wurde 1880 eingestellt, da die Erzlagerstätten (Raseneisenstein) nahezu erschöpft waren.

In den 80er Jahren des 19. Jahrhunderts entstanden die ersten emaillierten Badewannen und gegen Ende des Jahrhunderts begann dann der Eisenhoch- und Brückenbau (Abb. 2, 3, 4). Dafür wurde u.a. eine Eisenkonstruktionswerkstatt für Brücken und Kräne eingerichtet und mit dem Bau von Chargiermaschinen begonnen. Man lieferte auch komplette Eisenwerke, Montage- und Markthallen sowie Bahnhöfe aus. Schaufelradbagger, Abraumförderbrücken, die erste Förderbrücke der Welt wurde 1924 im benachbarten Plessa aufgestellt (Abb. 5), sowie Gleis- und Pflugrücker wurden in das Produktionsprofil aufgenommen (Abb. 6, 7).

Ebenso begann der Abbau von Braunkohle. Zu deren Verarbeitung erfolgte der Bau einer Brikettfabrik, die 1902 ihre Arbeit aufnahm. In den Jahren 1910 und 1911 wurde darüber hinaus ein Kraftwerk erbaut, welches eine Einheit mit der Brikettfabrik bildete. Zur Brikettierung nicht geeignete Kohle gelangte ins Kesselhaus des Kraftwerks zur Verstromung. Dieses versorgte neben dem Werk Lauchhammer und den Werken in Gröditz und Riesa (beides in Sachsen) zahlreiche Ortschaften mit Strom (Abb. 8). Mit der Erweiterung der Werke stieg auch der Strombedarf, was eine Vergrößerung der Kraftwerksleistung durch den Bau einer neuen Maschinenhalle 1917/18 und noch einmal 1937 zur Folge hatte. Damit war das Kraftwerk das größte der Region.

Am 13. Juni 1922 beschloss die Generalversammlung der AG Lauchhammer die Zusammenlegung der Gesellschaft mit den „Linke-Hofmann-Werken, Breslau“ zur „Linke-Hofmann-Lauchhammer AG, Breslau“. Im Umfeld der Absatzkrise für Stahl Mitte der 1920er Jahre erwarb die „Aktiengesellschaft für Hüttenindustrie“ in Berlin, die sich im Besitz von Friedrich Flick befand, 1926 mehrere Werke der „Linke-Hofmann-Lauchhammer AG“, darunter die Betriebe in Lauchhammer. Im November 1926 erfolgte die Umbenennung in „Mitteldeutsche Stahlwerke AG“ mit Sitz in Riesa und am 13. März 1931 wurde der Sitz der Gesellschaft von Riesa nach Berlin verlegt. Im selben Jahr wurde auch das Eisenwerk Burghammer (Sachsen) stillgelegt, seine Produktion übernahm das Werk in Lauchhammer. Ab 1937 firmierte das Werk unter „Mitteldeutsche Stahl- und Walzwerke F. Flick KG“. Durch die Übernahme der Allgemeinen Transportanlagen-Gesellschaft mbH Maschinenfabrik Leipzig (ATG) im Jahr 1935 war das Lauchhammerwerk mittlerweile zum führenden Hersteller von Tagebaugroßgeräten geworden.

Das Werk umfasste zu diesem Zeitpunkt drei Bereiche: Bergbau (Braunkohlengruben und Brikettfabrik), Kraftwerk und Eisenwerk. Zum Eisenwerk gehörte eine Eisengießerei mit zugehöriger Formerei und Putzerei für Maschinenguss, Badewannen usw. An die Gießerei angeschlossen war ein leistungsfähiges Emaillierwerk für Badewannen, Sanitätsgegenstände, Haushaltsgeräte u.a. (Abb. 9). Ferner gehörten zum Eisenwerk Eisenkonstruktionswerkstätten für die Herstellung von Eisenhoch- und Brückenbauten und eine Maschinenbauabteilung, insbesondere für den Bedarf der Braunkohlenindustrie, eine Bronzegießerei für Industrie und Kunstbronze, eine Glockengussabteilung (Abb. 10) und ein Holzsägewerk, in welchem die aus den eigenen Forsten gewonnenen Hölzer verarbeitet wurden (Abb. 11).

Während des Zweiten Weltkrieges wurde das Werk als kriegswichtiger Betrieb eingestuft und nach Kriegsende größtenteils demontiert. 1947/1948 erfolgte eine teilweise Rekonstruktion. Nach der Überführung in Volkseigentum am 1. Juni 1947 bildeten der Tagebau Koyne, die Brikettfabrik und das Kraftwerk den „VEB Braunkohlenwerk Lauchhammer“, das Eisenwerk ging im späteren „VEB Schwermaschinenbau Lauchhammerwerk, Bagger-, Förderbrücken- und Gerätebau, Lauchhammer“ auf.

Quellen

Brandenburgisches Landeshauptarchiv Rep. 905 VEB Schwermaschinenbau Lauchhammerwerk [Siehe: Hier]

Literatur

Verch, Katrin: VEB Schwermaschinenbau Lauchhammerwerk. In: Posselt, Rosemarie u.a. (Hrsg.): Staatliche Verwaltung, Wirtschaft, Parteien und Organisationen in den Bezirken Cottbus, Frankfurt (Oder) und Potsdam 1952-1990 (= Übersicht über die Bestände des Brandenburgischen Landeshauptarchivs; Teil III/2). Berlin 2005, S. 380-382.

Abbildungsnachweis

Abb. 1 https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Lutherdenkmal_Worms_1900.jpg?uselang=de

Abb. 2, 3, 4, 11 Gemeinfrei

Abb. 5, 7 Lausitzer und Mitteldeutsche Bergbau-Verwaltungsgesellschaft mbH (Hrsg.): Lausitzer Braunkohlenrevier. Wandlungen und Perspektiven 05. Plessa/Lauchhammer/Schwarzheide. Senftenberg 2016.

Abb. 6 https://brandenburg.museum-digital.de/object/1714 (Kunstgussmuseum Lauchhammer - CC-BY-NC-SA)

Abb. 7 https://brandenburg.museum-digital.de/object/1716 (Kunstgussmuseum Lauchhammer - CC-BY-NC-SA)

Abb. 9 https://nat.museum-digital.de/object/57858 (Kunstgussmuseum Lauchhammer - CC-BY-NC-SA)

Abb. 10 SLUB / Deutsche Fotothek / Fotograf unbekannt

Empfohlene Zitierweise

Verch, Katrin: Hüttenwerk Lauchhammer / Mitteldeutsche Stahl- und Walzwerke AG Lauchhammer, publiziert am 17.05.2022; in: Industriegeschichte Brandenburgs, URL: http://www.brandenburgikon.de (TT.MM.JJJJ)


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