Biomalz-Fabrik Gebr. Patermann, Teltow

Vinzenz Czech

Im Juli 1911 eröffneten Myro Patermann und seine Brüder in Teltow mit der fertiggestellten „Biomalz-Fabrik Gebr. Patermann“ einen Betrieb zur Produktion von Malzerzeugnissen. Mit seiner roten Backsteinfassade gehört die Fabrik samt Verwaltungsgebäude und Kontorhaus noch heute zu den bedeutendsten Industrie-Denkmälern der Region (Abb. 1-4).

Schon 1906 hatte Myro Patermann ein auf natürlichen Rohstoffen basierendes Stärkungsmittel aus Gerste zur Nahrungsergänzung entwickelt. Gerste besitzt einen hohen Nährwert und erhält durch Mälzen einen würzigen und angenehmen Geschmack. 1907 ließ er sein Produkt beim Kaiserlichen Patentamt in Berlin unter dem Namen „Biomalz“ registrieren und schützen. Produziert wurde zuerst in einer Fabrik in Friedenau. Aufgrund steigender Nachfrage und daraus resultierendem Platzmangel zog die Firma nach Steglitz und schließlich nach Teltow. Über eine Dampfmaschine versorgte sich die Fabrik selbst mit Strom, drei Dampfkessel standen im Kesselhaus. Zudem besaß das Unternehmen einen Gleisanschluss an die Industriebahn.

Den Brüdern gelang es, ihr Produkt „Biomalz“ rasch auf den nationalen und internationalen Märkten zu platzieren. Die rasante Markteroberung reflektiert gesellschaftlichen Veränderungen jener Zeit. Die Beschleunigung aller Lebensbereiche, veränderte Arbeits- und Lebensbedingungen führten zu einer Nachfrage an Stärkungsmitteln, und eines dieser Präparate war der aus Gerste gewonnene Malzextrakt der Patermann-Brüder. Einen nicht unerheblichen Einfluss auf den Erfolg hatte der gezielte Einsatz von Werbung, die schon in dieser Zeit die stärkende und gesundheitsfördernde Wirkung der Produkte in den Mittelpunkt stellte (Abb. 5-8).

Die Jahre des Ersten Weltkrieges überstand der Betrieb in erster Linie durch staatliche Aufträge für einen Malzextrakt zur Verteilung an Kranke und Kinder. Das „Biomalz“ aus der Fabrik wurde auch in Feldpostpäckchen an die Front gesandt. Ein Großteil der Angestellten und Arbeiter der Fabrik war während dieser Zeit zum Heeresdienst eingezogen, wodurch ein reibungsloser Produktionsablauf erschwert wurde. Darüber hinaus behinderte der Fortgang des Krieges die Beschaffung wichtiger Rohmaterialien, insbesondere Gerstenmalz und Blechdosen.

In den Jahren 1920/21 ging die Fabrik wieder zur Produktion ihres herkömmlichen „Biomalz“-Präparates über. Zudem konnte die Produktpalette erweitert werden: Biomalz-Bonbons und Backzusätze kamen ebenfalls auf den Markt. Zu diesem Zeitpunkt war das Teltower Werk eine der modernsten Fabriken seiner Art. Patermann begann im Jahr 1926 damit das Malzextrakt „Hellegold“ herzustellen, welches in Bäckereien Anwendung fand. Dadurch kam es zu einem wirtschaftlichen Aufschwung innerhalb der Firma. Ende der 1920er waren in dem Werk ungefähr 150 Angestellte und Arbeiter beschäftigt.

Der Zweite Weltkrieg ging nicht spurlos am Unternehmen vorbei. Die Firma belieferte nun auch das Heer und die Luftwaffe und ab November 1942 wurden russische Zwangsarbeiter in der Produktion eingesetzt. In den letzten Kriegsjahren beschränkte sich die Produktion schließlich auf Marmeladenherstellung für die Bevölkerung. Teile des Betriebes wurden bei Luftangriffen zerstört und im April 1945 wütete ein Großbrand auf dem Werkgelände. Schon einen Monat später wurde wieder Sirup hergestellt, aber vorwiegend aus Rüben, auch Rhabarber wurde dem Malzextrakt beigemischt. Für die Bevölkerung produzierte die Firma außerdem Mehl, Graupen und Nährmittel für Kinder.

1953 kam es schließlich zur Enteignung und der Betrieb produzierte fortan mit über 100 Beschäftigten unter den Namen „VEB Biomalz Walter Schütz“ weiterhin Malzextrakte und Backmittel, später kam auch eine Eisproduktion hinzu: das Sandwich-Eis Maskowskoje Maroshenoje (Moskauer Sahneeis).

Myro Patermann hatte schon unmittelbar nach dem Krieg nach einem neuen Produktionsstandort gesucht. Die Wahl fiel auf Kirn an der Nahe, wo die Vitaborn-Werke ab 1946 die Produktion in Lizenz übernahmen.

Literatur

Verwaltungsbericht der Stadt Teltow für die Jahre 1914-1918 (Brandenburgisches Landeshauptarchiv Rep. II A I Kom 5717, S. 25-30).

Abbildungsnachweis

Abb. 1 https://brandenburg.museum-digital.de/object/33541 (Heimatverein Teltow - CC-BY-NC-SA)

Abb. 2 https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Biomalzturmseite.JPG (Foto: Inkawrite - CC BY-SA 3.0)

Abb. 3 https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Biomalzhofseite.JPG (Foto: Inkawrite - CC BY-SA 3.0)

Abb. 4 https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Biomalz_Teltow_Verwaltungsgeb%C3%A4ude.JPG (Foto: Assenmacher - CC BY-SA 3.0)

Abb. 5-8 Gemeinfrei

Empfohlene Zitierweise

Czech, Vinzenz: Biomalz-Fabrik Gebr. Patermann, Teltow, publiziert am 14.03.2022; in: Industriegeschichte Brandenburgs, URL: http://www.brandenburgikon.de (TT.MM.JJJJ)


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