Anhaltische Kohlenwerke AG, Halle/Berlin (AKW)

 

Die „Anhaltische Kohlenwerke AG“ (AKW) war in ihren Anfangsjahren auf den Betrieb der Braunkohlengrube Grube Ludwig im Froser Kohlenfeld bei Aschersleben in der preußischen Provinz Sachsen konzentriert. Am 12. März 1881 war die „AKW“ in das Handelsregister eingetragen worden. Mit dem Erwerb von Kohlenfeldern und Gruben vor allem in Mitteldeutschland und im Lausitzer Revier expandierte das Unternehmen in den Folgejahren. Bei Senftenberg erwarb die „AKW“ 1889 die Mariengruben, die Gruben Marie I und Marie II (Abb. 1-3), eröffnete zu Beginn des 20. Jahrhunderts nördlich des Dorfes Sauo die Grube Marie III und erwarb später (1913) auch die Senftenberger Stadtgrube (in den „AKW“ dann Marie III zugeschlagen). Bei der Grube Marie I und II existierten insgesamt drei Brikettfabriken, Marie III diente lediglich zur Versorgung dieser mit Rohkohle (Abb. 4, 5). Die Beförderung übernahm eine eigens neu zu errichtende Grubenbahn.  Bei der Grube Marie III entstand dagegen ein neues Kraftwerk zur Versorgung der drei Brikettfabriken sowie der Grubenanlagen mit der notwendigen Energie. Im Kraftwerk wurden dazu zwei Drehstrom-Turbogeneratoren der Allgemeinen Elektrizitätsgesellschaft von je 350 KW Normalleistung aufgestellt (Abb. 6).

Im mitteldeutschen Braunkohlenrevier wurde die Gesellschaft zunächst 1908 mit dem Aufschluss der Grube Elisabeth im Geiseltal aktiv. 1918 fusionierte sie mit den „Zechau-Kriebitzscher Kohlenwerken Glückauf“ im Meuselwitz-Rositzer Revier und erwarb 1924 die Gewerkschaft Hohenzollernhall mit der Grube Hedwig bei Bösau im Zeitz-Weißenfelser Revier. Aus dem Revier Frankfurt (Oder) gelangten mit der Tiefbaugrube Emiliensglück bei Schönow (1918) sowie mit den Gruben Oskar und Borussia der Gewerkschaft Oskarssegen bei Schmagorei (Treuhofen) weitere Grubenbetriebe in ihren Besitz. Infolge der Ausdehnung des Geschäftsbetriebs verlegte die Gesellschaft den Sitz der Hauptverwaltung 1908 nach Halle (Saale). Die Produktion im Lausitzer Revier baute die „AKW“ durch den Neuaufschluss der Grube Greifenhain ab 1934 und den Ankauf des Kauscher Werkes Knobbe mit der Grube Mariannensglück in Kausche im Jahre 1935 weiter aus (7-9).

Nach dem Ersten Weltkrieg gewann der böhmische Industrielle Julius Petschek (1856-1932) die Aktienmehrheit in der Gesellschaft (Abb. 10). Zusammen mit seinem Bruder Ignaz Petschek (1857-1934), der vor allem in der Lausitz tätige Bergbaugesellschaften übernahm, dominierten die Brüder Petschek und ihre Rechtsnachfolger bis Mitte der 1930er Jahre große Teile der Braunkohlenindustrie in der Lausitz und in Mitteldeutschland. Auf Grund ihrer jüdischen Herkunft zerschlugen und enteigneten die Nationalsozialisten 1938 das Firmenimperium der Brüder Petschek. Im Zuge der „Arisierung“ wurde die „AKW“ dem Flick-Konzern zugeschlagen, in dem sie eine Tochtergesellschaft der „Mitteldeutschen Stahlwerke AG“ bildete. Der Konzern legte die Gesellschaft mit der „Werschen-Weißenfelser Braunkohlen-AG“ zusammen, mit der die „AKW“ bereits seit 1924 eine Verwaltungsgemeinschaft verbunden hatte.

1940 erwarb die „AKW“ aus dem vormaligen Firmengeflecht des Ignaz Petschek die „Eintracht Braunkohlenwerke und Briketfabriken AG“ in Welzow (Eintracht AG) und die ostelbischen Werke der „Niederlausitzer Kohlenwerke AG“ in Berlin (NKW). Beide Unternehmen waren 1939 an die „Deutsche Kohlenbergbau GmbH“ veräußert und anschließend von den „Reichswerken für Erzbergbau und Eisenhütten Hermann Göring AG“ übernommen worden. Die „AKW“ gliederte diese durch Einbringungsvertrag vom 12. April 1940 von den „Reichswerken für Erzbergbau und Eisenhütten Hermann Göring AG“ übernommenen Unternehmen als Abteilungen Welzow und Klettwitz in die Gesellschaft ein.

Mit diesen Erweiterungen errangen die „AKW“ und damit der Flick-Konzern eine Monopolstellung in der Braunkohlenindustrie. In diesem Zusammenhang erfolgte 1940 die Verlegung der Hauptverwaltung der „AKW“ von Halle (Saale) nach Berlin.

Nach 1940 gliederte sich die AKW in die Gruppen Halle, Zeitz, Klettwitz, Senftenberg, Welzow und Chemische Betriebe. Im Lausitzer Revier gehörten folgende Gruben zu diesen Gruppen:

- Gruppe Klettwitz in Grube Viktoria III in Naundorf b. Ruhland mit den Grubenbetrieben (v. a. Tagebaue, Brikettfabriken, Kraftzentralen) Anna I-II und Anna-Süd bei Schipkau, Alwine bei Kostebrau, Ferdinand bei Schwarzheide / Lauchhammer, Viktoria III, Waidmannsheil bei Annahütte und Wilhelminensglück I-II bei Klettwitz sowie Sägewerk Schipkau und Ziegeleien Schipkau und Kostebrau;

- Gruppe Senftenberg in Senftenberg mit Grubenbetrieben (v. a. Tagebaue, Brikettfabriken, Kraftzentralen) im Gebiet Senftenberg (Gruben Greifenhain, Mariannensglück bei Kausche, Marie I bei Reppist, Marie II bei Klein Räschen, Viktoria II bei Senftenberg, Ziegelei Viktoria I) sowie mit Grubenbetrieben aus dem Revier Frankfurt (Oder) im Gebiet Treuhofen (Gruben Oskar und Eduard) und im Gebiet Schönow (Grube Schönow - Tiefbau);

- Gruppe Welzow in Welzow mit den Grubenbetrieben (v. a. Tagebaue, Brikettfabriken, Kraftzentralen) Clara in Welzow, Werminghoff bei Knappenrode, Clara III bei Zeißholz und Louise bei Domsdorf.

1944 wurden noch die Betriebe Heye I und II von der „F. C. Th. Heye Braunkohlenwerke GmbH“ in Annahütte erworben und der Gruppe Klettwitz angegliedert.

Nach Kriegsende unterlagen die in der Sowjetischen Besatzungszone gelegenen Werke des Unternehmens den Enteignungsmaßnahmen, die mit dem SMAD-Befehl Nr. 124 vom 30. Oktober 1945 eingeleitet wurden. Die „AKW“ wurde (wie alle Unternehmen mit mehreren Standorten) dabei nicht als Ganzes beschlagnahmt, sondern jede Grube einzeln durch das Land, in dem sie sich befand. Nach zwischenzeitlicher Verwaltung der Gruben durch Treuhänder ist in Brandenburg auf der Grundlage des SMAD-Befehls Nr. 323 vom 20. November 1946 der „Brandenburgische Bergbau, Provinzeigene Betriebe“ mit Sitz in Senftenberg als Körperschaft des öffentlichen Rechts eingerichtet worden.

Er nahm zum 1. Januar 1947 seine Tätigkeit auf und war für die Leitung der landeseigenen Betriebe der Kohlenindustrie zuständig. Am 28. Juni 1947 beschloss der Brandenburger Landtag das „Gesetz zur Überführung der Bodenschätze und Kohlenbergbaubetriebe in die Hand des Volkes“. Die Überführung der Werke in Volkseigentum wurde 1948 in Umsetzung der SMAD-Befehle Nr. 64 vom 17. April 1948 und Nr. 76 vom 23. April 1948 abgeschlossen. Zum 1. Juli 1948 wurden Betriebe von zentraler Bedeutung für die gesamte sowjetische Besatzungszone branchenweise in Vereinigungen Volkseigener Betriebe (VVB) zusammengefasst. Die im Land Brandenburg gelegenen Werke der vormaligen „Anhaltischen Kohlenwerke AG“ im Lausitzer Revier aus den Gruppen Klettwitz, Senftenberg und Welzow wurden weitestgehend der VVB Senftenberg und der VVB Welzow unterstellt.

VVB – Vereinigung Volkseigener Betriebe

(Textvorlage: Brandenburgisches Landeshauptarchiv Rep. 75 Anhaltische Kohlenwerke AG, Bestandsübersicht / Firmengeschichte, ergänzt und bearbeitet von Vinzenz Czech)

Quellen

Brandenburgisches Landeshauptarchiv Rep. 75 Anhaltische Kohlenwerke AG [Siehe: Hier]

Brandenburgisches Landeshauptarchiv Rep. 901 Lausitzer Braunkohlenwerke [Siehe: Hier]

Der Braunkohlenbergmann - Werkzeitschrift der Anhaltischen Kohlenwerke, Sondernummer zum 60jährigen Bestehen der Gesellschaft, Berlin 1941.

Literatur

Knauth, Friedrich: Brikettfabriken in der Lausitz. Ein Streifzug durch mehr als 100 Jahre Braunkohlenbrikettierung in der Lausitz. Großenhain 1999.

Sperling, Dieter: Betriebe und Produktionsstätten der Braunkohlenindustrie des Lausitzer Reviers. (= Beiträge zur Geschichte des Bergbaus in der Niederlausitz, 13). Cottbus 2018.

Ullmann, E.: Massenbeförderung von Kohle auf den Gruben der Anhaltischen Kohlewerke. In: Zeitschrift des Vereines deutscher Ingenieure 53 (1909).

Abbildungsnachweis

Abb. 1-9 Sammlung Dr. Günter Grundmann (Detmold).

Abb. 10 Gemeinfrei.

Empfohlene Zitierweise

Anhaltische Kohlenwerke AG, Halle/Berlin (AKW), publiziert am 20.10.2022; in: Industriegeschichte Brandenburgs, URL: http://www.brandenburgikon.de (TT.MM.JJJJ)


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